Das war die Woche in Berlin I: Sorge vor dem Rechtsruck

Nach dem Anschlag äußern BerlinerInnen in aller Öffentlichkeit fremdenfeindliche Dinge. Ganz selbstverständlich, ohne jede Scheu.

Kerzen am Weihnachtsmarkt Breitscheidplatz, dem Ort des Anschlags Foto: DPA

Am Dienstagmittag nach dem Anschlag am Breitscheidplatz spaziert die ältere Dame mit Brille vom Kadewe zur Bushaltestelle. Sie wohnt ganz in der Nähe, trotz des Anschlags wirkt sie gefasst. „Das Bild heute ist eben ein anderes als noch vor Kurzem“, sagt sie achselzuckend. Im Bus erklärt sie, was sie damit meint. Es seien viel mehr Ausländer bei ihr im Viertel unterwegs, wegen des Flüchtlingsheims um die Ecke. Ohne Übergang erzählt sie von Einbrüchen, die es jetzt ständig gebe und die sie den Zuwanderern zuschreibt. „Mir gefällt das nicht. Uns allen gefällt das nicht.“ Wen sie damit meint? „Na, alle aus unserem Haus.“

Eine durchaus sympathische Frau aus der gesellschaftlichen Mitte, gebildet, ehemalige Augenärztin, sagt in aller Öffentlichkeit fremdenfeindliche Dinge. Ganz selbstverständlich, ohne jede Scheu.

Täuscht es, oder sind nach dem Anschlag vom Breitscheidplatz Stimmen wie diese lauter geworden? Wundern würde es nicht: Ein grausames Attentat mit zwölf Toten, erst ein pakistanischer, dann ein tunesischer Flüchtling als Tatverdächtige – das hat das Potenzial, die Debatte weiter nach rechts zu rücken. Die AfD wittert Morgenluft.

Es klingt bedrohlich

Noch eine Szene vom Dienstag. In der Gedächtniskirche ist gerade das Kondolenzbuch ausgelegt worden. Draußen vor dem Kircheneingang baut sich Georg Pazderski auf. Der Berliner AfD-Chef fragt in die Kameras: „Was können wir tun, dass so etwas Grauenhaftes nicht mehr passiert?“ Dies sei ein Tag der Trauer, da wolle er sich nicht weiter äußern. „Aber wir werden noch konkreter werden“, kündigt er an. Es klingt bedrohlich.

Umso erfreulicher, dass zur groß angekündigten Mahnwache mit vielen AfD-Vertretern nahe dem Kanzleramt am Mittwochabend nur rund 200 Menschen kommen, weit weniger als erwartet. Auch da hält sich die Partei mit Hassreden noch zurück.

Dass der Rechtsruck ausbleibt, heißt das nicht. Für die ehemalige Augenärztin ist so eine Veranstaltung wahrscheinlich sowieso nicht das richtige Format.

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