Kommentar Kritik an dpa-Meldung: Vertrauen gibt es nicht umsonst

Es passte ins Bild: „Türkische Behörden verbieten Weihnachten.“ Das war nicht ganz präzise – aber ein Segen für die Fakenews-Debatte.

Die halb geöffneten Tore des Istanbuler Elite-Gymnasiums

Wie offen ist man am Istanbuler Elite-Gymnasium für fremde religiöse Bräuche? Foto: dpa

Sollte man Presseagenturen vertrauensvoll ihre Arbeit machen lassen – oder ihnen auch mal auf die Finger gucken? Der ehemalige Fernsehratsvorsitzende Ruprecht Polenz (CDU) jedenfalls empört sich auf Facebook darüber, dass Tageszeitungen am Sonntag die dpa-Meldung „Türkische Behörden verbieten Weihnachten an deutscher Schule“ ungeprüft übernommen hätten. Niemand habe sich die Mühe gemacht, bei der Schule anzurufen – die nämlich hatte umgehend dementiert.

JournalistInnen wiederum empörten sich über Polenz. Der Spiegel-Korrespondent Hasnain Kazim erwiderte, man könne „auf dpa vertrauen“, müsse „nicht jede einzelne Information, die die größte deutsche Nachrichtenagentur verbreitet“, überprüfen. Das ist richtig. Richtig ist auch, dass Polenz hier arg poltert und pauschalisiert. Und richtig ist auch, dass derartige Polemiken Lügenpresse-Rufe und Fakenews-Paranoia fördern.

Richtig ist aber auch, dass die erste Meldung von dpa nicht ganz präzise war. Dass nämlich „Behörden“ etwas „verbieten“, wie der Titel suggeriert, davon stand nichts im Meldungstext. Nur, dass eine entsprechende Mail der Schulleitung kursiert. Das kann ein entscheidender Unterschied sein.

Dass Behörden per Dekret das Christentum verbieten würden, passt nur zu schön dazu, wie wir uns die aktuelle Lage in der Türkei vorstellen. Was aber, wenn in diesem Fall tatsächlich nur ein übereifriger christianophober Schulleiter gehandelt hätte? Dann wäre die Meldung falsch.

dpa hat sauber gearbeitet

Inzwischen hat die dpa ihren Rechercheweg offengelegt, nicht zuletzt dank Polenz. Allem Anschein nach hat die Agentur sauber gearbeitet. Ein Gewinn ist diese Episode dennoch. Zwar ist es verunsichernd für JournalistInnen, dass in Zeiten nach Pegida, Köln und der US-Wahl ihre Arbeit regelmäßig angezweifelt wird. Andererseits ist zu begrüßen, dass die etablierten Medien so lernen, sich mehr nach außen hin zu erklären. Das kann verlorenes Vertrauen wieder aufbauen.

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