Kanye West im Krankenhaus: Die ewige Ego-Show

Der US-Rapper sagt: Hätte er gewählt, hätte er Trump gewählt. Daraufhin wollten wütende Fans ihr Konzertkarten zurückgeben.

Kanye West im Profil mit Hoody.

„Gott“ aka Kanye West Foto: dpa

Nein, es ist sicher nicht einfach, „Gott“ zu sein. Oder „der nächste Steve Jobs“. Oder einen Verstand zu haben, in dem es aussieht „wie in einer Hermès-Fabrik. Der Scheiß ist echt“ (Zitate von Kanye West über Kanye West).

Dem gebürtigen Chicagoer Rapper und Adidas-Designer gehen die Selbstbezeichnungen seit über einer Dekade nicht aus, ja, die ewige Ego-Show ist das, worum sich Kanye Wests Kunst im Grunde dreht.

Nicht umsonst ist er verheiratet mit Kim Kardashian, der Königin des digitalen Selbstporträts. Man kann sagen, die Beziehung der beiden ist eine der einflussreichsten Social-Media-Performances. Doch seit einiger Zeit liegen ihre Accounts still, erschreckend still.

Kim Kardashian nimmt eine Auszeit, seitdem sie während der Pariser Fashion Week in ihrem Hotelzimmer von bewaffneten Dieben ausgeraubt wurde. Und Kanye West hat sich laut Berichten am Montag selbst in eine Klinik einweisen lassen – zu seiner „eigenen Sicherheit“, heißt es.

Ausgebuht

Es dürfte kein Zufall sein, dass er nur zwei Tage zuvor bei seinem Konzert im kalifornischen San José von den eigenen Fans ausgebuht wurde – und daraufhin die restliche Tour absagte. Der Grund: West hielt eine 30-minütige Rede, die sich darum drehte, dass er nicht gewählt hat, doch wenn er es getan hätte, für Donald Trump gestimmt hätte.

Ein mutiges Statement angesichts der Tatsache, dass ein Großteil der Fans von West dem neuen Präsidenten äußerst kritisch gegenüberstehen dürften. Der Rapper unterstützt die „Black Lives Matter“-Bewegung, schrieb unzählige Zeilen zu institutionalisiertem Rassismus und nutzte nach Hurrikan „Katrina“ im Jahr 2005 drei Livesekunden zur TV-Hauptsendezeit, um Amerika mit einem simplen Satz zu schocken: „George Bush doesn’t care about black people.“ Wie kommt es also zu diesem Trump-Bekenntnis?

Kanye West

„Glaubt nichts, was ich sage. Womöglich verarsche ich euch und die Welt nur“

Vielleicht ist es Liebe. Aber nicht unbedingt zu Trump, sondern eher zur Rolle des unbequemen Plappermauls. West verdankt seinen heutigen Ruhm nämlich nicht der großartigen Musik, die er produziert, sondern vor allem seinen Verbalentgleisungen, also provokanten bis egomanischen Statements über „Gott“ (= Kanye West) und die Welt. Erinnert das nicht an irgendwen?

„Sehr futuristisch“ nannte West bei diesem letzten Konzert Trumps Kommunikationmethoden, und fügte hinzu: „Es ist eine neue Welt, Hillary Clinton.“ Form über Inhalt – West ist eben der designierte Sprecher der Generation Apple.

Schlagzeilenshow

Auszuschließen ist aber auch nicht, dass West auf der Bühne einfach nur nach Erklärungen für den Wahlausgang und nach neuen Denkanstößen suchte, mit gewohnt kontroversen Aussagen. Oder aber das Ganze ist nicht mehr als eine Schlagzeilenshow und der Aufenthalt im Krankenhaus nur der grandios inszenierte Epilog.

Ein anderes bekanntes Kanye-West-Zitat über Kanye West lautet nämlich: „Glaubt nichts, was ich sage. Womöglich verarsche ich euch und die Welt nur, die ganze Zeit.“

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ehem. Redakteurin im Ressort taz2/Medien. Autorin der Romane "Ellbogen" (Hanser, 2017) und "Dschinns" (Hanser, 2022). Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift "Delfi" und des Essaybands "Eure Heimat ist unser Albtraum" (Ullstein, 2019).

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