Politische Willkür auf den Philippinen: Wer Duterte kritisiert, wird kaltgestellt

Der Staatschef teilt Vizepräsidentin Leni Robredo per SMS mit, dass er sie nicht mehr bei Kabinettssitzungen sehe wolle. Kommt als Nächstes das Kriegsrecht?

Leni Robredo spricht in ein MIkrofon

Vizepräsidentin Leni Robredo erklärt ihren Rückzug aus dem Kabinett Foto: reuters

PEKING taz | Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte hat sich einer seiner mutigsten Kritikerinnen entledigt: Per SMS ließ er Vizepräsidentin Leni Robredo mitteilen, dass er sie künftig nicht mehr bei Kabinettssitzungen sehen wolle. Als Grund nannte er unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten.

Die 52-Jährige, die getrennt und in Opposition zu ihm gewählt worden war, hatte zuvor ihre Abscheu gegen das von Duterte initiierte Begräbnis von Exdiktator Ferdinand Marcos auf dem nationalen Heldenfriedhof in Manila geäußert. Der Despot hatte neun seiner zwanzig Jahre als Präsident mit Kriegsrecht regiert und Tausende Oppositionelle foltern und ermorden lassen. Diese Kritik war Duterte wohl zu deutlich.

Robredo zog jetzt umgehend die Konsequenzen und trat von ihrem Regierungsposten als Chefin der Agentur für Wohnungswesen und Stadtentwicklung zurück. Damit hat sich der Konflikt zwischen den beiden ranghöchsten Politikern des Landes deutlich verschärft.

Duterte hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sich Ferdinand „Bongbong“ Marcos jr., den Sohn des Exdiktators, als Vizepräsidenten gewünscht hätte. Der wieder mächtige Marcos-Clan hatte Dutertes Wahlkampf mitfinanziert. Doch Robredo, eine Parteifreundin des vorherigen Präsidenten Benigno „Noynoy“ Aquino, gewann die Wahl knapp.

Duterte favorisiert Sohn des Diktators Marcos

Um „die Gefühle meines Freundes Bongbong nicht zu verletzen“, hatte Duterte der Vizepräsidentin erst mit reichlich Verzögerung einen Kabinettsposten angeboten und dann noch auf getrennten Vereidigungen bestanden.

Robredo hatte sich trotz des Affronts nach eigenen Angaben „um professionelle Zusammenarbeit bemüht“, zugleich aber wiederholt den von Duterte entfesselten Drogenkrieg mit bisher 4.500 Toten kritisiert.

Vizepräsidentin Leni Obredo

„Es ist Zeit, Zivilcourage zu zeigen“

Ihre Worte gegen Marcos’ Heldenbegräbnis haben sie nun zwar aus dem Kabinett katapultiert, aber nicht aus ihrem Amt als Vizepräsidentin. Dutertes Gegner fürchten jetzt, dass der Präsident daran arbeitet, Bongbong in dieses Amt zu hieven .

Kurz vor Robredos Rauswurf ließ Duterte Sicherheitsmaßnahmen landesweit mit der Begründung verstärken, Terroranschlägen zuvorzukommen. Auf den Straßen gibt es seitdem eine erhöhte Polizeipräsenz und neue Kontrollposten. Das habe nichts mit einer Vorstufe zum Kriegsrecht zu tun, versucht Polizeichef Ronald Dela Rosa seither zu beruhigen.

Doch Duterte-Kritiker verweisen darauf, dass auch Marcos 1972 das Kriegsrecht erlassen hatte, um angeblich Terroranschläge zu verhindern.

Robredo forderte dazu auf, sich jedem Versuch, die Philippinen wieder in eine Diktatur zu verwandeln, entgegenzustellen. „Dies ist nicht die Zeit für Angst. Es ist eine Zeit, für Überzeugungen einzustehen. Es ist eine Zeit, Zivilcourage zu zeigen.“

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