Präsidentschaftskandidat der Linken: Butterwegge gibt den Anti-Etablierten

In einem Interview empfiehlt sich Armutsforscher Christoph Butterwegge als Alternative zum herrschenden Politikbetrieb. Er will die soziale Frage als eigenen Schwerpunkt setzen.

Der Wissenschaftler Christoph Butterwegge hält ein Buch hoch

Würde als Präsident die Soziale Frage stärker thematisieren: Christoph Butterwegge Foto: dpa

KÖLN/BERLIN afp | Der voraussichtliche Präsidentschaftskandidat der Linkspartei, der Armutsforscher Christoph Butterwegge, hat sich als Alternative zum eingefahrenen Politikbetrieb empfohlen. Er könne „die Menschen durch Reden aufrütteln, die weniger von diplomatischen Floskeln und Leerformeln durchzogen sind, als das bei vielen Berufspolitikern der Fall ist“, sagte Butterwegge dem Kölner Stadt-Anzeiger kurz vor der für Montag erwarteten Nominierung durch die Parteigremien.

„Außenseiter bin ich nur deshalb, weil ich nicht dem politischen Establishment angehöre und eine gesellschaftskritische Position vertrete“, sagte der 65-jährige Wissenschaftler. Sein Mitbewerber Frank-Walter Steinmeier (SPD) stehe – ähnlich wie Hillary Clinton in den USA – für ein „Weiter so“, kritisierte Butterwegge.

Steinmeier habe vieles von dem, was heute in der Bevölkerung für Unmut sorgt, mitverantwortet oder gar mitinitiiert, bemängelte er. Als Beispiele nannte Butterwegge die Agenda 2010 und Hartz IV, wodurch „unser Land nicht gerechter geworden ist“.

Als eigenen Schwerpunkt setzte der emeritierte Kölner Politikprofessor die Betonung der sozialen Frage entgegen, der „manche Bundespräsidenten zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt“ hätten. Der Angst vieler Menschen der Mittelschicht vor dem sozialen Absturz könne nur mit einer Stärkung des Sozialstaats begegnet werden, sagte Butterwegge.

In der Flüchtlingspolitik linker als Merkel

Bei der Flüchtlingspolitik zeigte sich Butterwegge „zunächst einmal ganz bei Angela Merkel“, die in einer Notsituation die Grenzen für Flüchtlinge geöffnet habe. Zugleich kritisierte er, „dass die Regierung gleichzeitig erstens permanent den Druck auf die Flüchtlinge erhöht, etwa indem sie jetzt den Status der Duldung abschaffen will und damit mehr Menschen in die Illegalität drängt, und dass sie zweitens längst wieder eine Politik der Abschottung betreibt wie mit dem EU-Türkei-Abkommen“.

Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht verteidigte die Aufstellung eines Gegenkandidaten zum amtierenden Außenminister Steinmeier. „Christoph Butterwegge steht als profilierter Armutsforscher dafür, sich nicht mit einer Gesellschaft abzufinden, in der die soziale Ungleichheit wächst und es wenige Gewinner und immer mehr Verlierer gibt“, sagte Wagenknecht den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montagsausgaben). Die Linke wünsche sich einen Bundespräsidenten, der die soziale Frage zum zentralen Thema mache.

Butterwegge war bereits 2012 als Kandidat der Linken für das höchste Amt im Staat angetreten, hatte dann aber auf die Kandidatur verzichtet. Die Linke stellte schließlich die Publizistin Beate Klarsfeld auf. Sie unterlag klar dem schließlich gewählten Joachim Gauck. Er tritt kommendes Jahr aus Altersgründen nicht noch einmal an.

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