Renovierung des Pergamonmuseums: Auf schlammigem Grund

Die Sanierung des beliebten Museums dauert länger als geplant, die Baukosten explodieren. Der berühmte Altar kann ab 2018 trotzdem besichtigt werden.

Baustelle Pergamonmuseum

Die Baustelle des Pergamonmuseums Foto: dpa

Eigentlich gab es erst kürzlich etwas zu feiern: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) stellte vorletzte Woche die Pläne für ein temporäres Ausstellungsgebäude am Kupfergraben vor. In diesem sollen ab 2018 Teile des Pergamonaltars und Objekte aus den Antikensälen „für die Öffentlichkeit weiter präsent gehalten werden“, wie Hermann Parzinger, Präsident der SPK, sagte. Mit dem Ersatzbau schaffe die Stiftung endlich einen Ausgleich für die seit dem Renovierungsbeginn 2014 gesperrten großen Bereiche des Pergamonmuseums und seiner Welterbe-Bestände.

Verhagelt wurde die Ankündigung über das Provisorium dennoch. Petra Wesseler, Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und mit Parzinger Bauherrin bei der Pergamon-Sanierung, musste nach Pressemeldungen jetzt zugeben, dass die Baumaßnahmen erheblich teurer und viel länger dauern werden. „Aufgrund der Störungen im Planungs- und Bauablauf“ ergebe sich eine „deutliche Verlängerung der Bauzeit mit einer nunmehr geplanten Fertigstellung des Bauabschnitts A Mitte 2023“, erklärte Wesseler.

Die ursprünglich 2019 vorgesehene Wiedereröffnung der Nord- und Ostflügel (Bauteil A), die zwischenzeitlich von der Bauverwaltung in Richtung 2021 verschoben worden war, sei nicht mehr zu machen. Und schlimmer noch: „Aufgrund der bisherigen Erfahrungen sind für die Baustelle Pergamonmuseum mit ihren erschwerten Rahmenbedingungen weitere Terminrisiken nicht auszuschließen“, sagte Wesseler.

Wann die Arbeiten im Südflügel und der Neubau des Westflügels (beide Bauteil B) beginnen sollen, ist offen. Die Pläne liegen jetzt auf Eis.

Wesseler räumte zugleich ein, dass statt der veranschlagten 261 Millionen für den „Bauabschnitt A mit Gesamtkosten von etwa 477 Millionen Euro zu rechnen ist“. Als Gründe führte sie an, dass das Pergamonmuseum erstmals seit seiner Eröffnung 1930 grundsätzlich saniert werde.

Betongemäuer wie eine alte Pumpstation, die unter dem Bauwerk auftauchte, hätten entfernt werden müssen. Über 700 neue Pfähle zum Halt des Museums im schlammigen Erdreich, Tieferlegungen der Fundamente für zusätzliche Flächen sowie Neuausschreibungen von Bauleistungen hätten zu den massiven Verzögerungen und Mehrkosten geführt.

Fries am Altar

Kann trotzdem angeschaut werden: Teil des Pergamon-Altars Foto: dpa

Berücksichtigt werden müsse schließlich, so die Präsidentin, dass die Sanierung quasi „nur auf Zehenspitzen“ vorangehen könne. Zum Schutz der Objekte sei „eine besonders vorsichtige Bauweise nötig“. Das denkmalgeschützte Museum und die im Innern fest eingebauten Architekturen, Steintore und Altäre dürften durch die Bauarbeiten „nicht erschüttert werden“.

Der „Kassensturz“ des Bundesamtes für Bauen hat dennoch „Erschütterungen“ ausgelöst: Der Haushaltsausschuss des Bundestages stellte jetzt kurzfristig 30 Millionen Euro zur Sicherung des Bauablaufs bereit, wie SPK-Sprecherin Stefanie Heinlein der taz bestätigte.

Nach Ansicht von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) seien die Kostenexplosionen in dieser Höhe als „dramatisch“zu bezeichnen. Um die öffentlichen Kassen nicht noch mehr zu belasten, stellte Grütters Überlegungen an, den geplanten vierten Flügel, der den großen Eingangshof des Pergamonmuseums einmal schließen und einen richtigen „Rundgang durch das Museum“ ermöglichen soll, zurückzustellen.

Ein Verzicht auf den vierten Flügel wäre für die Stiftung aber eine Katastrophe. Nicht nur, dass Parzinger sich überrascht und „schockiert“ über die Verzögerungen und Kostensteigerungen zeigte und mehr Transparenz und Kontrolle vom Bundesamt für Bauwesen forderte. Die Stiftung sei viel zu spät über die Lage informiert worden, sagte er.

Sein Generaldirektor für die Staatlichen Museen zu Berlin, Michael Eissenhauer, reagierte kritisch auf Grütters’ Idee. Diese sei nicht im Einklang mit dem geltenden Masterplan für die Museumsinsel, die anvisierte „archäologische Promenade“ durch das Gebäude wäre damit perdu.

Private verdienen mit

Die Stiftung ist schließlich auch beim Modell für das Ersatz-Pergamonmuseum gespalten. So froh man darüber ist, dass der Interimsbau für 17 Millionen Euro privat von der Stuttgarter Wolff-Gruppe finanziert würde und dadurch Ausstellungsflächen entstünden, so problematisch ist gleichzeitig, dass Private mit öffentlichen Museumsbeständen Einnahmen erzielen dürften, bekennt man in der SPK. Denn das Projekt des Architekten Sebastian Steffin ist so angelegt, dass die Gelder für den Kartenverkauf dem Unternehmer Klaus Wolff zufließen. Erst wenn die Ausgaben für den temporären Bau ausgeglichen sind, kann die Stiftung wieder an den Ticketverkäufen partizipieren.

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