Umgang mit Geflüchteten in Schweden: Abschiebung von Kindern stoppen

Einem Großteil der minderjährigen Geflüchteten droht in Schweden die Zwangsausweisung. Initiativen fordern eine Einhaltung der UN-Kinderkonventionen.

Mehrere Menschen demonstrieren mit Plakaten und Fahnen

Demonstration für die Rechte Geflüchteter im Juni 2016 in Stockholm Foto: reuters

STOCKHOLM taz | In mehr als einem Dutzend schwedischer Städte, von Kiruna im Norden bis Malmö im Süden, fanden am Wochenende Demonstrationen gegen neue Asylrechtsverschärfungen statt.

Aufgerufen hatte ein Netzwerk verschiedener Flüchtlingsinitiativen. Unter dem Motto „Wir halten das nicht mehr länger aus!“, forderten sie von der Regierung vor allem eine Einhaltung der Kinderkonvention der Vereinten Nationen, eine Rückkehr zu humanitärer Flüchtlingspolitik und einen Stopp angekündigter Zwangsausweisungen. Von denen sind seit Anfang Oktober über 20.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bedroht, die seit Beginn 2015 nach Schweden gekommen waren.

Grundlage für die Verschärfungen ist zum einen eine Neueinschätzung der Sicherheitslage durch die Ausländerbehörde „Migrationsverket“: Die Situation in Afghanistan habe sich so stabilisiert, dass eine Rückkehr gefahrlos geworden sei. Die Asylanträge von 90 Prozent der afghanischen Flüchtlinge werden mit dieser Begründung abgelehnt, während das schwedische Außenministerium gleichzeitig dringend von Reisen in dieses Land abrät – wegen der gefährlichen Sicherheitslage.

Zudem hat Stockholm mit der afghanischen Regierung am 5. Oktober ein „Rückführungsabkommen“ geschlossen, mit dem die Ausweisungs- und Abschiebungspraxis koordiniert, vereinfacht und beschleunigt werden soll.

Ihr Alter wird angezweifelt

Zwar dürfen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nicht abgeschoben werden. Doch die Ausländerbehörde ist dazu übergegangen, die Ablehnung von Asylanträgen beispielsweise 15-jähriger Jugendlicher mit einer Ausweisungsverfügung zu deren 18. Geburtstag zu verknüpfen. Außerdem wird das Alter der Jugendlichen mehr und mehr in Frage gestellt.

Eine derartige Praxis hat mittlerweile zu wachsenden Protesten von Organisationen und Privatpersonen, die sich für diese Flüchtlingskinder engagieren, geführt. Mehrere Hundert LehrerInnen veröffentlichten im Stockholmer Svenska Dagbladet einen Aufruf diese Ausweisungen zu stoppen. „Wir haben eine große Verantwortung für alle Kinder, die uns anvertraut sind“, heißt es da. Doch diese wahrzunehmen werde von der Asylpolitik der schwedischen Regierung unmöglich gemacht.

Was könne man anderes als Angst und Apathie von Jugendlichen erwarten, denen jede Perspektive genommen werde, fragen die UnterzeichnerInnen. Häufig seien Jugendliche betroffen, die möglicherweise nie oder nur als Kinder in Afghanistan waren, weil sie mit ihren Familien im Iran lebten, bevor sie nach Schweden flüchteten. Mit Ausweisung in ihr „Heimatland“ Afghanistan liefen sie Gefahr, zwangsrekrutiert zu werden.

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