Nötigung, aber keine Vergewaltigung

Urteil Das Amtsgericht Norderstedt hat zwei Flüchtlinge vom Verdacht der Vergewaltigung einer 14-Jährigen im Arriba-Bad freigesprochen. Der Ältere bekam aber eine Strafe wegen sexueller Nötigung

Im Prozess um den angeblichen Missbrauch einer 14-Jährigen im Arriba-Erlebnisbad im schleswig-holsteinischen Norderstedt hat ein Schöffengericht beide Angeklagten vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Einen „Kuss auf die Hüfte“ einer 18-Jährigen, den der 34-jährige Angeklagte eingeräumt hatte, werteten die Richter am Freitag als sexuelle Nötigung in einem minderschweren Fall. Dafür verurteilten sie ihn zu acht Monaten Bewährungsstrafe. Das Gericht folgte damit der Forderung der Staatsanwaltschaft, die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert.

Angeklagt waren der 14- und der 34-Jährige, weil sie sich Ende Februar auf der Wasserrutsche des Schwimmbades an einer 14-Jährigen und einer 18-Jährigen vergangen haben sollten. Das jüngere Mädchen – das angebliche Vergewaltigungsopfer – hatte seine Nebenklage aber bereits zurückgezogen, nur die 18-Jährige hielt an ihrer Nebenklage fest.

Der Fall hatte zwei Monate nach den Silvester-Übergriffen in Köln und Hamburg für mediales Aufsehen gesorgt, da es sich bei den Angeklagten um Flüchtlinge aus Afghanistan handelt. Unter anderem Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hatte daraufhin früh einen ausgewogenen Umgang mit tatsächlichen oder vermeintlichen Übergriffen von Flüchtlingen angemahnt.

Die Aussagen der Hauptbelastungszeugin stufte das Gericht als nicht verwertbar ein. Die 14-Jährige war nach einer schweren Hirnoperation von einer Haupt- zur Förderschülerin geworden. In einem Glaubwürdigkeitsgutachten hieß es unter anderem, das Mädchen fülle Gedächtnislücken mit Erfahrungen aus. Das sei kein bewusstes Lügen, hieß es in dem Gutachten. Trotzdem mache es ihre Aussagen letztlich wertlos, sagte die Richterin in der Urteilsbegründung.

Anders dagegen beim zweiten Tatvorwurf, dem sexuellen Übergriff auf die 18-Jährige. Hierzu hatte der 34 Jahre alte Angeklagte ein Geständnis abgelegt. Er habe das Mädchen beim Rutschen festgehalten und im Bereich der Hüfte geküsst, erklärte er. Wegen des Geständnisses sei es nicht mehr auf die Aussage der 14-Jährigen angekommen, sagte die Amtsrichterin.

Auch in der Aussage der 18-Jährigen, die laut ihrer Anwältin an einer Borderline-Erkrankung leidet, hatte die Richterin am vorigen Verhandlungstag „keinen Beweiswert“ gesehen. Die junge Frau hatte bereits sechs Mal wegen angeblicher Vergewaltigungen vor Gericht ausgesagt, ohne dass es zu einer Verurteilung gekommen ist.

In der Verhandlung hatte auch die Bademeisterin als Zeugin ausgesagt. Sie gab an, dass ihr die Mädchen schon den Tag über aufgefallen seien. Sie hätten Männer in der Warteschlange an der Rutsche angerempelt und absichtlich berührt. Später muss es dann zu der Begegnung zwischen den Mädchen und den beiden Angeklagten gekommen sein.

Das Erlebnisbad hatte nach dem Vorfall seine Sicherheitsvorkehrungen verschärft und angekündigt, einige Attraktionen wie die Rutsche zeitweise für Männer zu sperren. Außerdem wurden Schilder, auf denen die Baderegeln stehen, um Piktogramme ergänzt.

Der Verteidiger des 34-Jährigen will prüfen, ob er gegen das Urteil Berufung einlegt. (dpa/taz)