AfD in Mecklenburg-Vorpommern: Lässig, heimatverbunden, eingängig

Die AfD will stärkste Kraft im Schweriner Landtag werden. Schafft sie das nicht, dürfte sie dennoch eine große und dubiose Fraktion bilden.

Der Spitzenkandidat der AfD in Mecklenburg-Vorpommern steht auf dem Schweriner Paulsdamm

Markenzeichen Drei-Tage-Bart und weißes, stets offenes Hemd: AfD-Spitzenkandidat Leif-Erik Holm Foto: imago/Bildwerk

BERLIN taz | Leif-Erik Holm hat ein ehrgeiziges Ziel. Der AfD-Spitzenkandidat will seine Partei zur stärksten Kraft bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern machen. „Die reelle Chance besteht“, sagt Holm derzeit gern. Auch die Partei­chefin gibt sich optimistisch. „Ich glaube, für die AfD schreiben dieses Mal die Fischköpfe Geschichte“, so Frauke Petry.

Holm, 46, ist in Werbevideos mal am Ostseestrand, mal mit seinem knapp dreijährigen Sohn im Sandkasten zu sehen. Der ehemalige Radiomoderator – Markenzeichen Drei-Tage-Bart und weißes, stets offenes Hemd – gibt den lässigen, heimatverbundenen Kerl, der die Wende mitgemacht und den die Sorge um das Land in die Politik getrieben hat. Wenn Holm mit seiner eingängigen Stimme von der „kulturellen Identität“ spricht, die von der „Massenwanderung“ bedroht sei, und von unserer „tollen Nation, die auch einige schwarze Jahre hatte“, dann klingt das gar nicht so schlimm.

Holm gilt im AfD-Spektrum als gemäßigt, doch von den Scharfmachern in seiner Partei distanziert er sich nicht. Im Gegenteil. Björn Höcke aus Thüringen, André Poggenburg aus Sachsen-Anhalt, die Vizechefs der Partei, Alexander Gauland und Beatrix von Storch – sie alle kamen zur Wahlkampfhilfe in den Nordosten. Zu von Storch hat Holm ohnehin guten Kontakt: Bis Mai arbeitete er als Referent der Europaabgeordneten.

Sehr wahrscheinlich scheint es dennoch nicht, dass Holm sein Wahlziel erreicht. Nach letzten Umfragen hat sich die SPD, die mit Erwin Sellering den Ministerpräsidenten stellt, mit bis zu 28 Prozent von den anderen Parteien abgesetzt. Die AfD liegt bei bis zu 23 Prozent und kämpft mit der CDU um Platz zwei.

Hilfreich ist die NPD

Allerdings: In den vergangenen Landtagswahlen schnitt die AfD meist besser ab, als die Demo­skopen voraussagten. Das deutlichste Beispiel: In Sachsen-Anhalt standen die Rechtspopulisten vor der Wahl bei 19, am Ende erhielten sie 24,3 Prozent der Stimmen – und 15 Direktmandate. Ihr bislang bestes Ergebnis.

In Mecklenburg-Vorpommern könnte es ähnlich enden: Im Wahlkreis Rostock I, den in den vergangenen Wahlen stets die SPD gewonnen hat, liegt die AfD bereits vorn. Zu dem Wahlkreis gehören das Seebad Warnemünde, dörfliche Gegenden, vor allem aber Plattenbausiedlungen wie Lichtenhagen, in denen die Arbeitslosigkeit hoch ist und die Bildungsabschlüsse niedrig sind.

Insgesamt haben die Rechtspopulisten, so prognostizieren es Wahlforscher, in 14 Wahlkreisen die Chance, die meisten Erststimmen zu holen – und damit das Direktmandat. Hilfreich dabei ist ausgerechnet die rechtsextreme NPD, die um ihr Verbleiben im letzten Landtag kämpft: Sie hat keine Direktkandidaten aufgestellt. Bei der AfD gebe es ja „einige ordentliche Leute“, so der NPD-Landtagsabgeordnete David Petereit. Inzwischen aber grenzen sich die Rechtsextremen scharf ab. Jüngst posteten sie: „Spiesser wählen AFD – echte Kerle NPD!“

Chancen auf ein Direktmandat für die AfD hat unter anderem die Parteirechte Petra Federau in Schwerin, die mit Blick auf die Flüchtlinge gerne von „Umvolkung“ spricht. Darüber allerdings dürfte Holm nicht glücklich sein: Ein Parteitag hatte Federau im Mai von Listenplatz drei gekippt, weil sie für einen Escort-Service gearbeitet hat, der junge Frauen auch in arabische Länder vermittelte. Auf den ersten 15 Plätzen der Landesliste findet sich jetzt keine Frau mehr.

Es könnte ohnehin eine schwierige Fraktion werden, die da bald in den Schweriner Landtag einzieht – den neunten für die AfD. Ex-Landeschef Holger Arppe dürfte dabei sein, der inzwischen wegen Volksverhetzung verurteilt wurde. Auch der Greifswalder Jura-Professor Ralph Weber, der die Doktor­arbeit des Neonazis und Rechtsrockers Maik Bunzel betreute, kandidiert. Weber gilt als Rechtsaußen, er taucht schon mal in Thor-Steinar-Kleidung an der Uni auf. Sascha Jung steht auf der Liste, der früher bei der extrem rechten „Burschenschaft Danubia“ aktiv war. 2007 zweifelten Bayerns Justizbehörden an der Verfassungstreue des Juristen und nahmen ihn nicht in den Justizdienst auf. Die NPD erklärte sich damals solidarisch.

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