Zukunft des Flüchtlingspakts: Griechische Regierung verlangt Plan B

Was, wenn die Türkei die Vereinbarung über den Umgang mit Flüchtlingen platzen lässt? Die EU müsse sich für den Fall Gedanken machen, heißt es aus Athen.

Ein Schlauchboot, besetzt mit vielen Menschen

Flüchtlinge, die auf der Insel Lesbos ankommen Foto: dpa

BERLIN afp/dpa | Die griechische Regierung hat die EU zu Planungen für den Fall aufgerufen, dass die Türkei den Flüchtlingspakt scheitern lässt. Seine Regierung sei über das von Ankara angedrohte Scheitern der Flüchtlingsvereinbarung „sehr beunruhigt“, sagte Migrationsminister Yiannis Mouzalas der Bild. „Wir brauchen in jedem Fall einen Plan B.“

Die EU müsse sich Gedanken machen für den Fall, dass die Türkei ihre Grenzen für Flüchtlinge wieder öffne, verlangte der Minister. Zugleich forderte Mouzalas die EU-Staaten zu mehr Einsatzbereitschaft bei der Aufnahme von Flüchtlingen auf: „Die Flüchtlinge müssen gleich an alle EU-Staaten verteilt werden – und nicht an einzelne.“

Die Türkei fordert derzeit energisch die Visafreiheit für ihre Staatsbürger ein, die sie von der Europäischen Union im Gegenzug für den Flüchtlingspakt versprochen bekommen hat. Ankara verlangt nun das Ende der Visumpflicht bis spätestens Oktober, sonst werde das Abkommen platzen.

Unter dem Mitte März geschlossenen Abkommen nimmt die Türkei seit April auf den griechischen Inseln ankommende Flüchtlinge zurück. Dabei wurde ein besonderer Mechanismus für die Flüchtlinge aus Syrien vereinbart: Für jeden zurückgeführten Syrer nehmen die EU-Staaten einen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf. Seither ist die Zahl der Flüchtlinge, die übers Meer in Griechenland ankommen, stark gesunken.

Kofler stellt Abkommen in Frage

Nach Ansicht der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Bärbel Kofler, kann das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei nicht so fortgesetzt werden wie bisher. „Das Abkommen setzt Rechtsstaatlichkeit auf allen Seiten voraus. In der Türkei ist diese zurzeit nicht gegeben. Da ist es falsch, wenn wir rechtsstaatliche Entscheidungen dorthin auslagern“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. „Im Lichte der aktuellen Entwicklungen in der Türkei müssen wir umdenken“, betonte Kofler mit Blick auf die Welle von Verhaftungen und Entlassungen in dem Land und forderte: „Es braucht eine Neubewertung des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens.“

Zwar habe die Türkei viele Anstrengungen zur Versorgung der drei Millionen Syrer im Land unternommen. Auch sei es richtig, dass Deutschland und die EU sich finanziell daran beteiligten. „Vieles an dem Flüchtlingsabkommen funktioniert jedoch nicht“, sagte Kofler und beklagte „verschwindend geringe“ Zahlen von Syrern, die seit der Unterzeichnung des Abkommens im März legal aus der Türkei in die EU eingereist seien. Problematisch sei zudem die Asylantragstellung in der Türkei: „Wir wissen, dass die Bearbeitung der Asylanträge von Afghanen, Irakern und Iranern in der Türkei nicht nach rechtsstaatlichen Regeln erfolgt. Darüber kann die EU, darüber können auch wir nicht einfach hinwegsehen.“

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