Pokalspiel in Drochtersen: Die ganze Region ist elektrisiert

Am Samstag spielt der SV Drochtersen Assel aus der Regionalliga Nord zu Hause gegen Borussia Mönchengladbach

Koordiniert die Anreise: Bürgermeister Mike Eckhoff rechnet mit 30 Fanbussen Foto: Christian Görtzen

DROCHTERSEN taz | Es war schon spät am 18. Juni, sehr spät. Um exakt neun Minuten vor Mitternacht aber wurde all jenen Menschen, die in der Gemeinde Drochtersen und in Assel im Landkreis Stade so lange vor ihren Fernsehern ausgeharrt hatten, schlagartig bewusst, dass sich das gelohnt hatte. Ewig lang erscheinende 20 Sekunden hatten sie alle bei der Auslosung der ersten Runde im DFB-Pokal auf den Gegner für ihren Verein SV Drochtersen/Assel gewartet.

Dann hörten sie DFB-Präsident Reinhard Grindel in der Sportschule Malente sagen: „Borussia Mönchengladbach!“ Gleich bei seiner Premiere im nationalen Pokalwettbewerb hat der niedersächsische Verein aus der Regionalliga Nord einen Bundesligisten gezogen.

Bei Vereinsboss Rigo Gooßen und Kapitän Sören Behrmann war die Freude in Malente groß. „Das war unglaublich. Wir sind freudestrahlend nach Hause gefahren, waren richtig gut gelaunt“, sagt Behrmann. Was für eine Partie: „Die Gladbacher Spieler haben einen Marktwert von 156 Millionen Euro, wir von 1,2 Millionen Euro“, sagt der 26-jährige Innenverteidiger. Rund 350 Nachrichten seien auf seinem Handy eingegangen – nicht nur Glückwünsche, die ersten erkundigten sich gleich nach Karten.

Im Vereinshaus in Drochtersen wurde derweil in die Nacht hinein getanzt – auch zur Klubhymne „Jetzt ist der Teufel bei uns in Drochtersen“, einer schlimmen Ballermann-Nummer. Und etwas weiter nördlich schaute Bürgermeister Mike Eckhoff, der mit seiner Tochter im Naturpark Krummdeich zelten war, irgendwann in der Nacht auf sein Handy und las von der Sache mit Gladbach. Er jubelte nur kurz und legte sich zufrieden wieder hin.

Denn für Ruhe war in den folgenden Tagen keine Zeit mehr. Das Spiel am kommenden Sonnabend um 15.30 Uhr elektrisiert die ganze Region. Dabei ist der SV Drochtersen/Assel erst im vergangenen Jahr in die Regionalliga Nord aufgestiegen. Es folgten ein starker vierter Platz in der Abschlusstabelle und ein Triumph im niedersächsischen Landespokal.

Nun kommt einiges auf den kleinen Verein zu, der sonst mit 50 Gästefans zu rechnen hat, wenn Vereine wie VfV 06 Hildesheim oder Eintracht Norderstedt zu Besuch sind. Die Borussen bringen 2.000 Fans mit, aus dem Landkreis Stade wollen 5.000 Leute zusehen. Zu den Regionalliga-Heimspielen kommen sonst etwa 1.000 Zuschauer im Schnitt.

„Es gab einen Run auf die Karten. Wir hätten 15.000 Tickets verkaufen können“, sagt Gooßen. Es war einiges zu tun, um die Auflagen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu erfüllen. Rund 150 Seiten lang sind die Vorschriften. Hinter den beiden Toren werden Zusatztribünen errichtet. „80.000 Euro kostet das“, merkt Gooßen an. Ballfangzäune hinter den Toren müssen angebracht, zudem sind sechs Türme für Fernsehkameras nötig.

Rund 150 Seiten umfassen dieVorschriften des DfB. Der SV Drochtersen Assel braucht Kameratürme und zusätzliche Sitzplätze

In das Aufgabenfeld von Bürgermeister Eckhoff, einem ehemaligen Spieler des Klubs, fällt die Organisation der Anreise. „Wir rechnen mit 30 Fanbussen und 2.000 Pkw“, sagt der 39-Jährige. Damit es am Sonnabend in der Innenstadt, in der es zurzeit eine große Baustelle gibt, nicht zu einem heillosen Chaos kommt, wird es erstmals in der Geschichte des Vereins einen Shuttle-Service geben. „Wir haben drei große Parkplätze, einen in Krautsand, einen in Assel und einen im Norden von Drochtersen. Von dort fahren die Busse zum Stadion“, erzählt der ehemalige Mittelfeldspieler.

Alle träumen insgeheim von der Sensation. Anhänger Egon Possel hofft, dass Drochtersen/Assel gewinnt. Schließlich sei der Verein sein „Ein und Alles“. Auch Stadionsprecher Dirk Ludewig ist schon aufgeregt: „Das ist das Highlight für mich.“ Für Trainer Enrico Maaßen geht es darum, die minimale Chance seines Teams zu nutzen.

„Es wird vor allem darum gehen, die Jungs zu beruhigen, dass sie klar im Kopf bleiben“, sagt der 31-Jährige. Maaßen hofft auch darauf, dass gegen das Team des ehemaligen St.-Pauli-Trainers André Schubert auch die Rahmenbedingungen in Drochtersen helfen könnten: „Im Kehdinger Land kommt man erst einmal an einer Baustelle vorbei“ – so ein Flair könne den Gegner auch irritieren.

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