Integration durch Sport: Ghana gegen Togo in Bremen

Am Sonntag findet das Finale des African Football Cup statt. Es ist die größte Veranstaltung ihrer Art in ganz Deutschland

Pan-Afrika-Cup: Nicht nur wer Tore schießt, gewinnt. Foto: Ann-Kathrin Just

BREMEN taz | Die Hitze ist drückend, auf dem Fußballplatz in der Pauliner Marsch gibt es keinen Meter Schatten. Die Spieler aus Ghana und Kamerun werden von einem kleinen Wall am Spielfeld­rand aus von den Zuschauern angefeuert, jede Aktion wird vom Publikum kommentiert. Die Mannschaften tragen das erste Halbfinale des diesjährigen African Football Cup aus. Das zweite, Guinea-Bissau gegen Togo, folgt im Anschluss.

Während Europa- oder Weltmeisterschaften hört man immer wieder, dass Fußball die Menschen zusammenbringt, hier spürt man es. Der panafrikanische Kulturverein, der das Turnier organisiert, hat es sich zum Ziel gesetzt, durch interkulturelle Begegnungen die Menschen näher zusammenzubringen – auch die Menschen afrikanischer Herkunft untereinander.

„Viele Europäer denken, Afrikaner aus verschiedenen Ländern würden sich kennen, doch das ist nicht der Fall“, sagt der zweite Vorsitzende des Vereins, Boubacar Camara. Der Football Cup helfe, zwischen den AfrikanerInnen unterschiedlicher Herkunft neue Kontakte zu knüpfen.

5.000 Besucher beim Finale

„Die Veranstaltung ist die größte ihrer Art in Deutschland. Es kommen Besucher aus Hamburg und Berlin, aber auch aus den Niederlanden, Belgien oder Frankreich“, so Tala Awolola, erster Vorsitzender des Vereins. Zum Finale 2015 sollen etwa 5.000 ZuschauerInnen da gewesen sein. Die kommen nur zum Teil, um die Spiele zu sehen. Ein junger Mann erzählt, er sei schon zum sechsten Mal da. „Hier hat man die Chance, Leute zu treffen, die man im Alltag nur selten trifft und die Atmosphäre ist sehr gut“, sagt er.

Neben den Kunstrasenplätzen, auf denen gespielt wird, werden Rasensprenger eingeschaltet. Zwar ist das Feld abgesperrt, dennoch haben sich mehrere Kinder unter den Wasserfontänen versammelt und genießen die Abkühlung. Überall läuft Musik, am lautesten ist sie bei den Essensständen. Die Menschen stehen Schlange für gebackene Bananen, Fleischspieße und afrikanische Berliner.

16 Teams im Turnier

Der African Football Cup, den es seit 2003 gibt, findet bereits zum zwölften Mal statt. Nur zwei Mal musste er ausfallen. Gespielt wird auf den Plätzen von FC Union 60 in der Pauliner Marsch, mit den Flutlichttürmen des Weserstadions im Rücken. In den letzten Jahren fanden die Spiele an sechs Sonntagen in den Sommerferien statt. Dieses Jahr wird nur an fünf Wochenenden gespielt – Viertel- und Halbfinale finden direkt hintereinander statt. „Union 60 hat selbst ein Spiel und benötigt den Platz“, begründet Awolola die Straffung des Zeitplans. Dieses Jahr haben 16 Mannschaften ihre Länder bei dem Turnier repräsentiert, die besten vier spielen nun um den Einzug ins Finale.

Trotz des Viertelfinal-Spiels nur einige Stunden zuvor, sind die Spieler engagiert. Nach gut 20 Minuten führt Ghana zwei zu null. In der Halbzeit laufen sich Ersatzspieler am Spielfeldrand warm. Zum African Football Cup kommen auch schon mal Scouts auf der Suche nach neuen Talenten. „Der Profi Karim Bellarabi etwa hat hier schon gespielt“, erzählt Awolola. Heute spielt Bellarabi, der in Bremen aufgewachsen ist und mal beim FC Huchting angefangen hat, bei Bayer 04 Leverkusen.

Das Turnier wird komplett durch Ehrenamtliche organisiert, alle sind berufstätig. Dabei gibt es nicht nur im Vorfeld viel zu tun. Sponsoren müssen gefunden werden. Auf dem Parkplatz muss für Ordnung gesorgt werden, die Anlage muss jeden Sonntag nach den Spielen aufgeräumt werden. „Wir haben an jedem Spieltag 15 bis 20 Helfer vor Ort, von zwölf bis acht Uhr abends“, sagt Awolola.

Außerdem werden RestaurantbetreiberInnen gesucht, die afrikanische Spezialitäten verkaufen. „Wir laden Leute aus den teilnehmenden Ländern ein. Unser Ziel ist, dass jedes Land mit seiner eigenen Küche vertreten ist. Das Turnier ist nicht nur für den Sport da, sondern soll auch die Kultur vermitteln“, sagt Camara. Über das Essen geht das besonders gut.

Der panafrikanische Kulturverein organisiert mit seinen 18 aktiven Vereinsmitgliedern aber nicht nur den African Football Cup, sondern etwa auch einen afrikanischen Kulturtag und eine Integrationswoche, bei der beispielsweise somalische Flüchtlinge ihre Landesküche vorstellen.

Eine Perspektive bieten

Auch sonst setzt sich der Verein aktiv in der Flüchtlingshilfe ein. Ein im Oktober letzten Jahres ini­tiiertes Projekt beruht auf den Erfahrungen, die die Vereinsmitglieder selbst gemacht haben. „Wir wissen, wie Afrikaner leben. Die Fehler, die uns unterlaufen sind, sollen den Flüchtlinge nicht passieren“, so Awolola.

Das Projekt solle den Geflüchteten eine Zukunftsperspektive bieten und fuße daher auf fünf Säulen, sagt Awolola. Zunächst gehe es darum, dass die Flüchtlinge Vertrauen aufbauen. Dabei seien die Dolmetscher des Vereins hilfreich, die die Muttersprachen sprechen. Ist eine Bindung aufgebaut, gibt es einen kompakten Deutschkurs sowie einen Orientierungskurs, der über die Tücken des deutschen Verkehrs aufklärt. „Fahrradwege etwa gibt es vielleicht zwei, drei Mal in Afrika. Auch dass man als Fußgänger selbst dann an einer roten Ampel stehen bleibt, wenn kein anderer an der Kreuzung ist, muss gelernt werden“, berichtet Awolola. Daneben gibt es für die Flüchtlinge ein Freizeitangebot: Von Werder Bremen etwa gab es Freikarten, ein Besuch der Stadtbibliothek wurde organisiert.

Es geht auch um Jobs

Der panafrikanische Kulturverein hilft auch bei der beruflichen Integration: Durch die Kooperation mit einem Logistikunternehmen vermittelt er Praktikums- und Ausbildungsplätze.

Die acht Dolmetscher des Vereins werden auch in Flüchtlingsheimen eingesetzt. „Die Einrichtungen melden sich bei uns, wenn sie uns brauchen“, so Awolola. Auch die Arbeit mit den Geflüchteten kostet viel Zeit, die Helfer arbeiten ehrenamtlich, aber „wir bekommen Unterstützung von der Senatorin für Soziales“. Die Finanzierung ist dennoch schwer: „Die Gelder zu beantragen ist sehr bürokratisch, das ist für unseren Verein nicht einfach.“

Am Ende des langen Tages in der Pauliner Marsch steht fest: Ghana und Togo sind im Finale. Am heutigen Samstag findet auf dem gleichen Platz der Mandela Cup, ein Fußball-Turnier für Jugendliche, statt – und am Sonntag ist Endspiel des African Football Cup. Auch die örtliche Prominenz kommt: Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) und Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald haben ihr Kommen zugesagt.

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