Herz- oder Systemfehler

Toter Kicker Der internationale Fußball hat ein neues Opfer zu beklagen: Während eines Ligaspielsin Rumänien brach der Kameruner Nationalspieler Patrick Ekeng zusammen und starb wenig später

Ein Leuchtkranz für die 14: Gedenken an Patrick Ekeng Foto: ap

VON René Hamann

Patrick Ekeng ist tot. Für die, die es noch nicht mitbekommen haben: Der Kameruner Nationalspieler brach während des rumänischen Ligaspiels zwischen seinem Verein Dinamo Bukarest und dem FC Viitorul Constanța am Freitag kurz nach seiner Einwechslung zusammen. Man schrieb die 71. Minute. Spieler und Betreuer waren geschockt – das Spiel jedoch wurde nach dem Abtransport Ekengs, der in der folgenden Nacht in einem Krankenhaus starb, tatsächlich fortgesetzt. Es ging 3:3 aus.

Inzwischen ermittelt die Polizei. Und zwar wegen Verdachts auf Mord oder Totschlag. Tatsächlich wurden recht schnell Vorwürfe laut, der Spieler wurde nur mangelhaft erstversorgt. Der Notdienst habe zu lange gebraucht, der Abtransport in ein Bukarester Krankenhaus sei schlussendlich von einem Privatunternehmen erfolgt, der, wie es in einer Agenturmeldung heißt, für Wiederbelebungsversuche nicht ausgestattet gewesen sei. So ist von fehlenden Defibrillatoren ist die Rede. Außerdem von Verzögerungen oder von nicht dienstbereiten Ärztinnen. Offizielle Todesursache: Herz-Atem-Stillstand.

Der Reflex, hier von rumänischen Zuständen zu sprechen, die eben nicht den internationalen Standards entsprechen, verbietet sich. Polizei und Liga jedenfalls reagierten umgehend. Die eine Seite nahm die Ermittlungen auf, die andere Seite stellte den Spielbetrieb umgehend bis auf Weiteres ein. Die Trauer, nicht nur seitens der Anhänger des Hauptstadtklubs Dinamo, ist groß. Nicht nur in Rumänien oder in Kamerun, sondern in der gesamten Fußballwelt.

Dass ein Spieler im „besten Fußballalter“ nach keinen fünf Minuten Einsatzzeit ohne Weiteres auf dem Spielfeld zusammenbricht, ist allerdings schon eine medizinische Seltsamkeit. Der tragische Fall von Patrick Ekeng, der Frau und Kind hinterlässt, ist aber leider bei weitem kein Einzelfall.

Und auch nicht nur in Rumänien. Stellt sich nämlich schnell die Frage, warum es nicht möglich ist, etwaige Herzfehler bei Spitzensportlern früher zu erkennen oder zumindest Risikominimierung zu gewährleisten. To say the least.

Böse Zungen führen da nämlich auch schon wieder das böse D-Wort im Munde. D wie Doping. Doping, das das Herz-Kreislauf-System schädigt und/oder situativ zu stark belastet. Es steht zu hoffen, dass auch in dieser Richtung Ermittlungen unternommen werden.

Inzwischen ermittelt die Mordkommission der rumänischen Polizei

Dass Leistungssport, besonders auch der hochgezüchtete Profifußball, eine Gefahr für Leib und Seele sein können, ist natürlich eine Binse. Trotzdem überrascht es, wenn in diesem sensiblen Bereich, der im Normalfall medizinisch auch die höchsten Standards mitbringt, ja, mitbringen sollte, weil diese eben auch erforderlich sind – und nicht nur für die physiotherapeutische Abteilung – so ein Unglücksfall passiert.

Dass Fußballer das Risiko schätzen, wie sich auch in Fehlverhalten im Straßenverkehr zeigen kann, ohne jetzt eine Parallele zum kürzlich verunglückten Hannoveraner Ju­gendspieler Niklas Feierabend ziehen zu wollen, der schließlich auch nicht selbst gefahren ist, ist ebenso nichts Neues. Trotzdem sollten auch die Themen Prophylaxe und Risikominderung mehr als präsent sein.

Was folgen wird, ist das Übliche: Trauerminuten, Trauerapplaus, das nächste Spiel mit Trauerflor. Das rumänische Pokalfinale zwischen Dinamo Bukarest und dem CFR Cluj wird ohne den beliebten Patrick Ekeng stattfinden müssen. Ekeng hatte bereits in zahlreichen europäischen Ligen Erfahrungen gesammelt, auch bei Zweitligist Arminia Bielefeld war er einmal im Gespräch. Für Kamerun hat er mehrere Länderspiele bestritten. „Unsere Fußballfamilie hat einen Bruder verloren“, schrieb sein Teamkollege Stephane Mbia auf Twitter. Dem ist leider nicht viel hinzuzufügen.