Medien im Direktverkauf: Konkurrenz auf der Straße

Hinz&Kunzt hat Konurrenz bekommen. Das Straßen Journal beschäftigt vor allem Obdachlose aus Osteuropa – ohne Angaben über deren Verdienst

Seriös nur, wenn der Verkäuferanteil ausgewiesen ist: Straßenzeitung Foto: Maja Hitij (dpa)

HAMBURG taz | Martin Sjirkov spricht kein Deutsch und ein sehr schlechtes Englisch. Er schafft es trotzdem, sich sehr deutlich auszudrücken: Er will mit Journalisten nicht zu tun haben – eine merkwürdige Stellungnahme für einen Magazin-Chef.

Straßen Journal heißt seine Zeitschrift, die er Anfang April als Verein in Hamburg gegründet hat. Diese erscheint alle zwei Wochen und so gibt es bisher nur zwei Ausgaben. Das reichte aber schon, um die Zeitschrift bekannt zu machen. Obwohl er nicht wollte, tauchten viele Journalisten in Sjirkovs spärlich eingerichtem Büro mitten in einem Billstedter Wohnviertel auf, reden wollte er ieber nicht. Der taz wollte er zum Beispiel nicht sagen, ob er die Obdachlosen, die seine Zeitung verkaufen, bezahlt und wer die Artikel in der Zeitung schreibt.

Das Straßen Journal besteht vor allem aus kopierten Artikeln. So verfuhr er schon in seiner 2011 gegrpndeten Zeitung Straat Journaal Benelux. Die beiden Hamburger Ausgaben fangen an mit Artikel, die aus Wikipedia und von anderen Internetseiten genommen wurden. Es geht weiter mit verschiedenen Nachrichten, vor allem über Hamburg. Die unerwähnten Quellen dieser Nachrichtentexte sind vielfältig: Da sind das offizielle Stadtportal Hamburgs, das Hamburger Abendblatt, die Bild-Zeitung, der NDR und so weiter. Kaum ein Artikel auf den 20 Seiten der Zeitschrift wurde selbst geschrieben. Das erkennt man allein schon daran, dass die wenigen Texte, die nicht von der Konurrenz kopiert wurden, voller Rechtschreib- und Grammatikfehler sind.

Die Probleme beschränken sich aber nicht nur auf den Inhalt. Das Straßen Journal erklärt, es sei „vollkommen legal und verkauft von Obdachlosen“. Es will also ein soziales Projekt sein, wie das etablierte Hamburger Obdachlosenmagazin Hinz & Kunzt – aber genau mit diesem ist das Straßen Journal bald Streit gekriegt.

Im Gegensatz zu den Hinz-&-Kunzt-Verkäufern haben die Verkäufer des neuen Straßenmagazins, die vor allem aus Osteuropa kommen, keine Genehmigung, um die Hefte auf der Straße verkaufen zu dürfen. Sie machen das trotzdem und versuchen den Hinz-&-Kunzt-Verkäufern, die von der Stadt eine Ausnahmegenehmigung bekommen haben, ihre angestammten Plätze vor Supermärkten, Sparkassen und S-Bahnhaltestellen streitig zu machen. In dem einen Monat, den es das neue Magazin jetzt schon gibt, berichteten Hinz-&-Kunzt-Verkäufer bereits etwa 20-Mal über Streitereien mit der neuen Konkurrenz.

“Was uns wütend macht ist, dass durch ein dubioses Blatt unser gutes Image beschädigt werden kann“, sagt Birgit Müller, Chefredakteurin von Hinz & Kunzt. Der Unterschied zwischen den beiden Zeitungen sei leicht zu erkennen. Das Straßen Journal entspreche nicht den Bedingungen, um Teil des Dachverbandes für internationale Straßenmagazine zu sein. Solche Konkurrenz schade vor allem den Verkäufern, sagt Müller. Denn die Rehabilitierung der ehemaligen Obdachlosen, die versuchen, wieder in der Gesellschaft Fuß zu fassen, sei gefährdet, wenn sie Stress während der Arbeit kriegten und für Ihren Platz kämpfen müssten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.