Wildtierverbot im Zirkus: Tierfreie Manege

Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf will ein Verbot von Wildtieren im Zirkus durchsetzen. Zirkusbetriebe sorgen sich um den Verbleib der Tiere.

Verkleidete Tierschützer protestieren gegen Wildtiere im Zirkus

Sehen lustiger aus und beißen nicht: Aktivisten protestieren für Tierschutz im Zirkus Foto: dpa

Der Bundesrat fordert von der Bundesregierung ein Wildtierverbot in Zirkussen. Auch das Land Berlin hat dem Antrag am vergangenen Freitag zugestimmt. Für ein landesweites Verbot aber hat der Senat keine Gesetzgebungskompetenz. Spandau und Steglitz-Zehlendorf wollen deshalb eine Bezirkslösung.

„Wildtiere sind nicht an Menschen gewöhnt“, sagt Claudia Hämmerling, tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen. Als „Wildtiere“ sind alle nicht domestizierten Tiere definiert. Für die Haltung von Elefanten, Tigern & Co gibt es tierschutzrechtliche Anordnungen.

In Berlin wurden in den letzten fünf Jahren 144 Verstöße gegen entsprechende Vorschriften registriert. 27 davon bezogen sich auf die Haltung von Wildtieren. Dies geht aus der Antwort der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz auf eine Anfrage von Hämmerling hervor. Unter anderem wird hier die ganztägige Anbindung von Elefanten aufgeführt.

Aufgrund der Verstöße wurden die Verantwortlichen belehrt und die sofortige Abstellung der Mängel angeordnet, wie die Senatsverwaltung in ihrer Antwort schreibt. Für Claudia Hämmerling funktioniert dieses Vorgehen jedoch nicht. Ein Zirkus habe bei einer Anordnung eine Widerspruchszeit von zwei Wochen – wenn es danach ein weiteres Problem gibt, seien viele Betriebe schon weitergezogen. Die Grünen-Politikerin fordert daher ein generelles Verbot von Wildtieren in Zirkussen.

In Deutschland gibt es circa 350 Wanderzirkusse, wie die Tierrechtsorganisation Peta gezählt hat, 141 davon haben Wildtiere. In Berlin sind laut Senatsangaben sechs Zirkusbetriebe als Gewerbe gemeldet.

In den letzten fünf Jahren wurden in Berlin 144 Verstöße gegen tierschutzrechtliche Anordnungen registriert, 27 davon bei der Haltung von Wildtieren.

2003 und 2011 gab es Anträge des Bundesrates auf ein Wildtierverbot in Zirkussen. Beide wurden von der Bundesregierung abgelehnt. In 18 europäischen Ländern sind bestimmte oder alle Tierarten in Zirkusbetrieben verboten. (vde)

Existenzsorgen bei Dompteuren

Frank Keller vom Berufsverband der Tierlehrer hält ein solches Verbot für rechtswidrig. Es verstoße gegen das Grundrecht, den Beruf frei zu wählen und auszuüben. „Zirkustiere sind ja keine Wildtiere mehr, sie wurden in menschlicher Obhut geboren.“ Dass es hinsichtlich der Haltung von Tieren unter den Zirkusbetrieben auch schwarze Schafe gibt, bestreitet Keller nicht. „Deshalb darf man das aber nicht grundsätzlich verbieten.“

Ein generelles Verbot müsste vom Bund kommen, da die Haltung von Tieren im Tierschutzgesetz – einem Bundesgesetz – geregelt ist. „Die Länder haben hier keine eigene Gesetzgebungskompetenz“, teilte die Senatsverwaltung für Justiz mit. Claudia Hämmerling glaubt bei der aktuellen Initiative des Bundesrates aber nicht an eine Zustimmung der Regierung: „Die werden wieder eine Gutachten in Auftrag geben, um Zeit zu schinden.“ Ein Verbot auf Bezirksebene sei daher eine gute Lösung.

Für Melanie Spindler vom Berliner Circus Berolina wäre ein Wildtierverbot indes eine Katastrophe. Der Zirkus habe eine lange Tradition, zu der Tiere gehören. Der Circus Berolina hat über 220 Tiere. „Was wird aus denen? Macht sich darüber mal jemand einen Kopf?“

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Spandau hat Ende Februar ein Auftrittsverbot für Zirkusse mit Wildtieren beschlossen. Das wurde vom Bezirksamt für zu allgemein gehalten befunden und abgelehnt. Die Alternative Liste Spandau will ihn im Mai überarbeiten.

Auch die BVV Steglitz-Zehlendorf fasste einen entsprechenden Beschluss – dieser wird in den nächsten neun Monaten vom Bezirksamt geprüft. Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski hat den Antrag der BVV an die Senatsverwaltung für Justiz weitergeleitet. Diese wird einschätzen, ob der Beschluss vom Bundestierschutzgesetz gedeckt ist. „Welche Konsequenzen der Bezirk aus dem Ergebnis zieht, liegt dann in den Händen des Bezirks“, teilte eine Sprecherin mit. Die für 2016 geschlossenen Verträge mit Zirkussen bleiben bestehen. Ein Auftrittsverbot auf öffentlichen Flächen in Steglitz-Zehlendorf würde ab Januar 2017 gelten.

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