Visegrad-Länder in der Flüchtlingskrise: Die EU soll in Ungarn enden

Die Visegrad-Gruppe bekennt sich zum Abkommen mit der Türkei, um die Zahl der Flüchtlinge zu verringern. Am meisten ging es aber um den Plan B.

Robert Fico im Porträt

„Wir werden nicht untätig zusehen, wie tausende von Migranten zu uns kommen“ – die Position des slowakischen Ministerpräsidenten, vor und nach dem Treffen. Foto: dpa

PRAG taz | Die Flüchtlingskrise hat der Visegrad-Gruppe neues Leben eingehaucht. Das Ziel des 1991 gegründeten Bündnisses war mit dem Beitritt der von Ungarn, Polen, Tschechien und der Slowakei zur EU am 1. Mai 2004 erreicht. Inzwischen aber haben die Regierungschefs der Länder ein anderes gemeinsames Ziel. Das fasste der slowakische Ministerpräsident Robert Fico schon vor dem Treffen am Montag und Dienstag zusammen: „Wir werden nicht untätig zusehen, wie Tausende von Migranten zu uns kommen“.

In einem gemeinsamen Memorandum, sekundiert von Bulgarien und Mazedonien, die als Gäste am Treffen teilnahmen, übertrug die Visegrad-Gruppe Ficos Erklärung dann in einen diplomatischen Wortlaut. „Die Vorsitzenden der Regierungen der Visegrad-Gruppe drückten den Maßnahmen, die auf EU-Ebene getroffen worden sind, mit dem Ziel ihre Außengrenzen besser zu schützen, ihre volle Unterstützung aus“, heißt es in der Abschlusserklärung.

Sollten sich diese Maßnahmen als ineffektiv erweisen, also die Zusammenarbeit mit der Türkei sich nicht so entwickeln wie erwartet, wird die Visegrad-Gruppe auf einen alternativen Plan bestehen. Denn Mitteleuropa ist sich einig: Wird der Flüchtlingsstrom nicht bald gestoppt, dann „könnten die Grundlagen der Europäischen Union in Zweifel gezogen werden“, was „ernsthafte negative wirtschaftliche, soziale und symbolische Auswirkungen“ mit sich bringen würde.

„Wir wollen alle, dass das Abkommen der EU mit der Türkei funktionieren wird“, sagte der tschechische Staatssekretär für EU-Angelegenheiten, Tomáš Prouza. Denn, so Prouza, es sei besser, den Flüchtlingsstrom in der Türkei aufzuhalten, weiter drin in Europa würde das viel komplizierter werden.

Kein Vertrauen in Griechenland

In ihrem „Plan B“, wie Tschechiens Ministerpräsident Bohuslav Sobotka das Ergebnis des Prager Treffens nennt, fordert die Gruppe auf eine Art Schengen-Notaußengrenze im Süden Ungarns. „Ich bin überzeugt, dass Griechenland nicht fähig ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, wenn es um den Schutz der Schengen-Grenzen gilt“, sagte der slowakische Premier Robert Fico.

Gleichzeitig fordert die Gruppe eine Stärkung der Grenzkontrollen auf dem Westbalkan. „Diese Staaten dürfen in der Krise nicht alleine bleiben, die ganze EU muss ihnen helfen“, sagte Sobotka, der als Gastgeber auch die Regierungschefs Bulgariens und Mazedoniens zum Summit eingeladen hatte.

Seit Beginn des Jahres unterstützen die Visegrad-Länder Mazedonien personell und finanziell bei Grenzsicherung. Für den psychologischen Kopfstreichler sorgte dann das Summit-Memorandum, das Mazedonien Unterstützung bei seinem EU-Beitritt zusicherte.

Im alten Europa fühlte man sich von dem Summit etwas auf die Zehen getreten. Die Visegrad-Gruppe benehme sich unsolidarisch und falle Merkel in den Rücken, kritisierten Beobachter in Brüssel und Berlin. Man sehe die Sicherheitslage eben etwas anders, entgegnete Fico den Kritikern, in üblicher Schärfe: „Mir scheint, vielen europäischen Politikern fehlt in der Migrationskrise der Sinn für die Realität“.

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