Koloniale Straßennamen in Berlin: „Nachtigal“ bleibt ein schräger Vogel

Erneut diskutiert der Bezirk Mitte darüber, wie mit den Namen von Kolonialherren auf Straßenschildern umgegangen werden soll.

Adolf Luederitz

Adolf Luederitz, erster deutscher Landbesitzer im heutigen Namibia. Foto: Archiv

Kennen Sie die Herren Peters, Nachtigal oder Lüderitz? Im Afrikanischen Viertel in Wedding sind diese Kolonialherren der übleren Sorte immer noch präsent; Straßen wurden nach ihnen benannt. Die Petersallee, die mal Londoner Straße hieß, tauften die Nazis 1939 so. Das kann natürlich nicht so bleiben, dachten sich – 47 Jahre später – die hiesigen Lokalpolitiker. Seit Juli 1986 heißt die Petersallee deshalb Peters­allee. Statt Carl Peters ist jetzt Hans Peters, ehemaliger Stadtrat, der Pa­tron. Den kennt zwar keine Sau, aber ein Zusatzschild soll auf seine sicherlich glorreiche Taten hinweisen.

Nachtigal und Lüderitz durften die richtigen Nachtigal und Lüderitz bleiben. Schließlich wurden sie schon vor der Nazizeit verewigt. Dass das nicht so bleiben kann, haben diverse Bündnisse erkannt – und die SPD, die seit Jahren die Malaise eigentlich beheben will.

Altes sozialdemokratisches Problem: Es tut sich nichts. Und die CDU, die derzeit in Mitte mitregiert, will nichts ändern. Das dachte man zumindest, weil die Konservativen von der SPD gefordert hatten, von ihren Neuerungsplänen abzusehen. Die SPD fügte sich, die Koalition sollte 2011 ja wegen dieser „Lappalie“ nicht scheitern.

Die CDU ist nun doch mit einem Antrag vorgeprescht, der sich am selben Zirkustrick wie vor 30 Jahren orientiert. Sprich: Der böse Kolonialherr Gustav Nachtigal soll durch den guten Johann Karl Christoph Nachtigal, Theologe und Schriftsteller, ersetzt werden. Und die Lüderitzstraße? Soll künftig an die Stadt Lüderitz im Süden Namibias erinnern. Grotesk, ist doch die Stadt selbst nach ­Kolonialherr Lüderitz benannt.

Die SPD hat auf den lumpigen Antrag des Koalitionspartners reagiert, indem sie am Donnerstagabend im Bezirksparlament von Mitte einen eigenen Antrag einbrachte. Der sieht vor, dass „insbesondere Frauen der (post-)kolonialen Befreiungs- und Emanzipationsbewegung aus Ländern Afrikas“ als Namenspatroninnen dienen sollen.

Dass sich bald etwas tut, darf bezweifelt werden. Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) will auf jeden Fall eine Einigung mit der CDU – und die dürfte den SPD-Antrag ablehnen. Die Nachtigal bleibt also ein schräger Vogel!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.