Horst Seehofer zu Besuch bei Putin: So wie einst Franz Josef Strauß

Bayerns Ministerpräsident Seehofer ist nach Moskau aufgebrochen. Nur die Linkspartei hat für seine Reise Verständnis.

Seehofer und Putin sitzen sich an einem Tisch gegenüber, neben Seehofer sitzt Stoiber.

Jetzt auf weltpolitischer Bühne im Kreml: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) mit Wladimir Putin. Foto: dpa

MÜNCHEN/MOSKAU taz | „Gibt es etwas, was Bayern und Russland besonders miteinander verbindet?“, fragt ein russischer Nutzer in den sozialen Medien. Die Antwort liefert er gleich mit. Ein fast „familiäres Verhältnis von Kirche, Politik und Wirtschaft“. Auch die Dominanz einer Partei sei nicht zu übersehen. Und nicht zuletzt fühlten sich beide auch von ihrer Umgebung ungerecht behandelt.

Demnach gibt es eine breite Gesprächsgrundlage für den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der am Mittwoch nach Moskau aufbrach, wo unter anderem ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auf dem Programm steht.

Ein Termin, der vorab für Kritik sorgte. „Ich hoffe, dass er die Reise unterlässt“, sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Die bayerische Opposition sprach von einem „Seehofer-Bückling vor Putin“ und fürchtet schon, er wolle es seinem Vorgänger, Franz Josef Strauß, gleichtun und eine deutsche Nebenaußenpolitik eröffnen. Strauß war in seiner Zeit als Ministerpräsident gern in der Weltgeschichte umhergereist und hatte sich mit Staatschefs aller Couleur getroffen.

Nebenaußenpolitik? Nein, versicherte Seehofer zuletzt mehrfach. Die Moskaureise sei selbstverständlich mit der Bundesregierung abgestimmt, aus Berlin gebe es keinerlei Vorbehalte. Dass er überhaupt nach Moskau reise, begründete der CSU-Chef damit, dass der Dialog mit Moskau angesichts von „vielen, vielen politischen Brandherden“ fortgeführt werden müsse. Wieso auf deutscher Seite aber ausgerechnet von ihm – darauf ging er nicht näher ein.

Dass der bayerische Ministerpräsident mit großer Aufmerksamkeit rechnen darf, steht jedoch fest. „Ranghohe westliche Politiker kommen zurzeit nicht nach Moskau“, meint Lilija Schewzowa vom Brookings-Institut in Moskau. Jedem westlichen Gast wird daher Aufmerksamkeit zuteil. Marine Le Pen, die Chefin des französischen Front National, besuche Moskau häufiger. Neben der französischen Rechtspopulistin sind auch andere antieuropäische Politiker aus der EU gern gesehen.

Kein Freund von Auslandsreisen

Man nimmt eben, was man bekommt. Moskau habe eines unterschätzt: wie diszipliniert alle EU-Staaten an den Sanktionen gegenüber Russland festhalten. „Selbst der weiche Unterleib aus Österreich, Italien und Ungarn bleibt bei der Stange“, sagt Schewzowa. Moskaus Führung habe das nicht erwartet.

Für die Auswahl von Russlands Staatsgästen gilt: Man nimmt eben, was man bekommt

Dennoch sei seit einiger Zeit im Westen das Verlangen erkennbar, die Isolation Russlands zu überwinden, ohne gegen eigene Prinzipien zu verstoßen. Könnte Seehofer mit Blick auf die Sanktionen Lockerungen in Aussicht stellen? Eine Wirtschaftsdelegation hat der Ministerpräsident zumindest nicht im Gefolge. Dafür steht neben dem Termin mit Putin auch ein Gespräch mit dem Industrie- und Wirtschaftsminister auf dem Plan.

Generell wird Seehofer nicht nachgesagt, dass er ein großer Fan von Auslandsreisen sei. Ist er ab und zu trotzdem zu Besuch in autoritären Staaten, so ist der Bayer meist bemüht, die heiklen Gesprächsthemen von vornherein auszuklammern. Im vorigen Jahr war dies etwa in Saudi-Arabien und Katar zu beobachten. Seehofer rechtfertigte seine Zurückhaltung damit, dass er nicht als „Oberlehrer“ auftreten wolle. Er wehre sich dagegen, „dass wir immer so tun, als würden wir das Ideal im Kopf tragen, und nur unsere Auffassung muss bestimmend für alle Regionen der Welt sein“. Das sei „ein Stück überholter Arroganz“.

Ein wenig Unterstützung erhielt er nun ausgerechnet aus der Linkspartei. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht hat die Moskau-Reise am Mittwoch verteidigt. „Ich finde, man muss Gesprächsfäden haben“, sagte Wagenknecht auf Bayern 2. „Ich hätte mir gewünscht, dass es aus der Bundesregierung jemand machen würde.“ Die Reise von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in die „Kopf-ab-Diktatur“ Saudi-Arabien hatte Wagenknecht am Tag zuvor aber noch heftig kritisiert.

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