Ein Stein für die Verbrannten

Opfer-gedenken

Dass Corporate Identity eben nicht nur eine Erfindung von Werbefuzzis ist, merkt man, wenn’s gilt, Fehler der eigenen Institution einzuräumen. Zumal bei religiösen Einrichtungen fällt das offenbar schwer. Umso höher ist der Gedenkstein zu bewerten, der vergangene Woche am evangelischen Kloster Loccum enthüllt wurde. Er erinnert an die zwischen 1581 und 1660 als Hexen und Zauberer verfolgten, verurteilten und ermordeten 29 Frauen und Männer. „Wir wollen ein dauerhaftes Andenken für diese Menschen schaffen“, sagte Abt Horst Hirschler. Auf dem Stein stehen ihre Namen und ihre Lebensdaten.

Noch 2013 hatte Hirschler die Forderung nach einer Rehabilitation der Ermordeten als „Unverschämtheit“ abgebügelt: „Wir gestehen keine Scheinschuld ein“, feuerte er im Theologenfachblatt Bild aus allen Rohren, und behauptete wider besseres Wissen, dass die Urteile bloß „von Regierenden gefällt“ worden seien.

Wahr daran ist natürlich, dass die Verfolgung des Hexereiverbrechens allein in den Händen der weltlichen Justiz lag. Bloß hatten ja die frühneuzeitlichen Loccumer Äbte nicht nur geistliche Macht. Sie waren auch weltliche Fürsten. Und die Klosterherren hatten damals die peinliche – also auf Folter setzende – Halsgerichtsbarkeit über die Bewohner des gesamten Stiftsgebietes einschließlich der Dörfer Loccum, Münchehagen, Wiedensahl und Winzlar inne. Obwohl ohne bezeugten oder gestandenen Schadenszauber auch eine mildere Strafe möglich gewesen wäre, wurden sie fast alle zum besonders grausamen Feuertod verurteilt.

Die Hexenverfolgung in Loccum scheint völlig durchschnittlich gewesen zu sein: Auf dem Gebiet wohnten damals rund 3.000 Menschen, das entspricht in etwa der Einwohnerzahl Kiels im 17. Jahrhundert. Auch die Opferzahlen sind vergleichbar: 32 Frauen und ein Mann wurden dort, so hat der Museumspädagoge Jens Nielsen von der alternativen Stadtführer-Agentur Zeitensprung recherchiert, zwischen 1530 und 1670 wegen Magie belangt und mindestens 25 zum Tode verurteilt – verbrannt, gesteinigt, lebendig begraben. Am Donnerstag hat Nielsen einen Antrag auf Rehabilitation der Opfer bei der Stadt eingereicht. bes