Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Das Merkelzehnt ist rund, Krieg bleibt Krieg und Matthias Matussek geht besser nicht mehr ans Telefon. Xavier Naidoo? Tief, tiefer, am tiefsten!

Xavier Naidoo mit Mikrofon auf der Bühne in Hamburg 2011.

Gesang und Hirndurchfall kann man halt nicht einfach voneinander trennen. Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Das könnte Sie jetzt verunsichern.

Und was wird besser in dieser?

Das Merkelzehnt rundet sich. Nach Positionen – Atomkraft, Wehrpflicht, Flüchtlinge, Kriegseinsätze, Waffenexporte – war sie circa drei Kanzlerinnen.

Nach dem Terror in Paris schreiben Journalisten von „Krieg“. Sogar der Papst spricht vom Dritten Weltkrieg. Ziehen Sie mit?

Wer das segensreiche Wirken europäischer Truppen in Afghanistan, Libyen, Syrien „Frieden“ nannte, darf jetzt überrascht gucken. Krieg ist schwer zu erklären, doch leicht zu erklären: die nun Terror geheißene Strategie eines der Gegner hat erkennbar einen starken Zug vor die Kameras. Immerhin barg die Auswahl einer Länderspiel-Arena die Option, 9/11 in der Disziplin Liveübertragung zu toppen. Diese größtmögliche Publizität des Grauens darf man als Gegenteil und Gegenschlag lesen: von „embedded journalism“, von „humanitärer Intervention“, „peace-keeping“ und vor allem „Fresse-keeping“ – Propaganda unsererseits. So wächst dem bitteren Moment, als François Hollande „Krieg“ sagte, ein anderer Grundton zu: der eines erzwungenen Geständnisses. Papst Franziskus verwendete seine wiederkehrende Vokabel in Bosnien, und umfasste so auch die Anfänge der neuen europäischen Kriegsabenteuer. Oder wie man in Deutschland sagt: 100 Jahre Fortschritt _ vom Siegfrieden zum Kriegfrieden.

Das Fußballspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden wurde am vergangenen Dienstag wegen Terrorverdachts abgesagt. Wie konkret der war, erfahren wir leider nicht, denn „Ein Teil meiner Antwort würde die Bevölkerung verunsichern“, sagt der Innenminister. Hat de Maizière einen „Vertrauensvorschuss“ verdient?

Die Wendung deutet darauf hin, dass ein Teil unserer Fragen den Minister verunsichert. De Maizière, als Mitglied der Schülerunion in einen Kessel Besonnenmilch gefallen, überzeugte nach dem Charlie-Hebdo-Massaker mit einer klaren Haltung der Mäßigung. Ein Innenhandwerker sorgt für Ruhe, ein Innenpolitiker für Stimmung. Ein de Maizière scheint derzeit ein Gesprächskreis aus beiden zu sein.

Da kann man auch Akif Pirinçci zum Katzenliteraturkongress schicken

Nach den Anschlägen in Paris sind laut ARD-Deutschlandtrend mehr als 90 Prozent der Deutschen für schärfere Sicherheitsmaßnahmen. Sie auch?

Die Reihenfolge erheiterte; im Herzen dürften 90 Prozent dieser 90 Prozent für schärfere Sicherheitsmaßnahmen vor den Anschlägen von Paris sein. Geht leider nicht mehr. Also erspart auch ein solches Umfrageergebnis die Analyse der Katastrophe nicht. Und liefe sie etwa darauf hinaus, dass es eine gute Idee sein könnte, ein paar Hauptsponsoren und Paten von IS an den Tisch zu bitten und zu reden, wären 90 Prozent der Umfragegläubigen enttäuscht.

Die ARD widerruft ihre Entscheidung, den Reichsbürger Xavier Naidoo zum ESC zu schicken: Wer fährt nun statt seiner nach Stockholm?

Bei der ARD traditionell der Zweitplatzierte – der Weg für Ken Jebsen ist also frei. Bei Conchita Wurst jubelte die ESC-Fraktion über die Einheit von Künstler und Werk. Nüchtern: ein austauschbares, schnell vergessenes Liedchen als Vehikel für ein genderpolitisches Gesamtkunstwerk. Eben drum war’s Mumpitz, bei Naidoo wohlfeil Wohlgesang und schlimmen Hirndurchfall trennen zu wollen. Da kann man auch Akif Pirinçci zum Katzenliteraturkongress schicken. Gehen wir davon aus, dass die ARD vorher alle weniger zweifelhaften Künstler angefragt hatte. Und auf der Liste ziemlich weit unten angekommen war. Nun noch eins runter.

Die Bundespolizei hat so akuten Personalmangel, dass jetzt auch tätowierte Bewerber eingestellt werden. Welche Tattoos finden Sie angemessen?

Den Grundgesetzartikel, wonach Polizei Ländersache ist und es deshalb eine „Bundespolizei“ nicht geben kann. „Alles Schlampen außer Mutti“ wäre zu missverständlich.

Alt-Enfant terrible Matthias Matussek ist bei der Welt rausgeflogen, weil er gepöbelt haben soll. Was soll er denn jetzt nur tun?

Geht nicht ans Telefon. Blanke Angst vorm Anruf des ARD-Mannes vom ESC.

Franz Beckenbauer hat sich geäußert. Er will reden. Er will Aufklärung geben über die 6,7 Millionen. Aber der DFB habe sein Gesprächsangebot ausgeschlagen. Warum tut der deutsche Fußballverband diesem guten Mann das an?

Och komm. Da kann man auch den kleinen Häwwelmann zu Raumfahrtthemen befragen. Der Mann ist Fiction.

Und was machen die Borussen?

Erhöhen den Druck auf Bayern, ein paar Spiele von allein zu verlieren.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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