DIE DREI FRAGEZEICHEN
: „Er lebt nicht mehr“

WARUM? Der Kabarettist Christian Springer suchte über zwei Jahrzehnte in Syrien den Naziverbrecher Alois Brunner

taz: Herr Springer, wie passt Ihr Leben als Kabarettist zu dem als Nazijäger?

Christian Springer: Es war eine Suche nach Gerechtigkeit und keine Jagd, deswegen passt der Begriff Nazijäger nicht. In meiner Arbeit bin ich nicht nur lustig, sondern auch politisch. So spielt in einem meiner ersten Soloprogramme „Sand in der Wasserpfeife“ von 1995 Alois Brunner auch eine Rolle.

Warum ausgerechnet Brunner? Es gibt noch viele Nazis, die immer noch gesucht werden?

Ich habe Arabisch studiert und mich für arabische Länder interessiert. Ich bin durch Zufall darauf gestoßen, dass Brunner sich in Syrien versteckt hält. Alle Welt wusste davon, dennoch wurde immer behauptet, er sei nicht da. Das wollte ich aufdecken, ich wollte wissen, warum wir ihn nicht vor Gericht bekommen.

Brunner wurde bis heute nicht gefunden, letztes Jahr wäre er 100 geworden. Wird er jemals vor einem Gericht stehen?

Ich glaube nicht, dass er noch lebt, und denke, dass er in Damaskus gestorben ist. Ich überlege mir immer wieder, ob es nicht auch eine Form von Gerechtigkeit ist. Bei seiner Ergreifung wäre er nach Frankreich oder Deutschland gekommen und eine Schar von Ärzten hätte ihn als nicht prozessfähig gesehen. Das Schlimmste wäre dann gewesen, wenn einer von Brunners letzten Wünschen erfüllt worden wäre und er in seiner Heimat Österreich gestorben wäre. Für mich die gruseligste Vorstellung.

INTERVIEW: CIGDEM AKYOL

■ Christian Springer (48), Kabarettist, schildert die Amateursuche nach Alois Brunner in „Nazi, komm raus!“ (Langen Müller 2012, 270 Seiten, 19,99 Euro)