Smog in Peking: Wachstumsziel sorgt für dicke Luft

Chinas Wirtschaft wächst so langsam wie lange nicht. Die Regierung drückt deshalb auf die Tube – und sorgt damit für einen grauen Himmel.

Die Verbotene Stadt in Peking wirkt wie vom Smog verhüllt.

Schlechte Sicht auf die Verbotene Stadt, eine der wichtigsten Touristen-Attraktionen Pekings. Foto: ap

PEKING taz | Die chinesische Führung drückt auf die Tube. Und zumindest im Großraum von Peking ist das seit Tagen auch zu spüren – an der Luftverschmutzung.

Den ganzen September über strahlte der Himmel über der Hauptstadt im satten Blau. Wegen einer großen Militärparade und der Leichtathletik-Weltmeisterschaft. Ende August mussten Tausende von Fabriken für mehrere Wochen den Betrieb herunterfahren oder komplett schließen. In Pekings umliegender Provinz Hebei wird normalerweise mehr Stahl produziert als in ganz Europa und Nordamerika zusammen. Doch nichts sollte die Feierlichkeiten trüben.

Die Fabrikschließungen hatten Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum. Nicht zuletzt deshalb hat das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal nach Angaben des chinesischen Statistikbüros nur um 6,9 Prozent zugelegt – und damit so wenig wie seit der globalen Rezession von Anfang 2009 nicht mehr. Um aber das von der Regierung vorgegebene Jahresziel von sieben Prozent zu erreichen, laufen die Fabriken derzeit wieder auf Hochtouren. Das soll Wachstum schaffen – verursacht aber auch dicke Luft.

Die zeitweiligen Fabrikschließungen dürften keineswegs der einzige Grund für Chinas langsameres Wachstum sein. Schon das ganze Jahr über schwächelt die chinesische Wirtschaft. Wegen steigender Lohnkosten und einer zugleich massiven Abwertung des Euro im vergangenen Jahr werden Chinas Exportzunternehmen ihre Waren nicht mehr los. Allein im September war der Außenhandel um rund 8,8 Prozent eingebrochen. Der chinesische Konsum wächst zwar, fängt aber bei Weitem nicht die schwächelnde Exportwirtschaft auf.

Die Bauwirtschaft lahmt

Zugleich erholt sich auch der Immobiliensektor nur sehr langsam, nachdem es im vergangenen Jahr in zahlreichen chinesischen Städten zum Einbruch kam. Entsprechend lahm geht es auch in der Bauwirtschaft derzeit zu.

Konjunkturhilfen der Regierung wiederum scheinen zu verpuffen. Vier Senkungen des Leitzinses und mehrfache Senkungen des Mindestreservesatzes der Banken haben nicht den erhofften Erfolg gebracht. In China wird weiter zu wenig investiert, sodass auch die Nachfrage selbst nach günstigen Krediten gering bleibt. Die Wirtschaft sei immer noch einem Abwärtsdruck ausgesetzt, teilte das chinesische Statistikbüro mit. „Wir machen uns Sorgen um die chinesische Wirtschaft“, räumte auch Chinas Präsident Xi Jinping ein.

Die Regierung hat Infrastrukturprojekte angeschoben

Allerdings hatten einige Ökonomen mit noch schlechteren Zahlen gerechnet. Im Juli und August waren die Aktienkurse an den chinesischen Börsen zeitweise um mehr als 40 Prozent abgestürzt. Die Auswirkungen auf die Realwirtschaft scheinen aber gering zu sein. Mithilfe massiver staatlicher Intervention konnten sich die Kurse weitgehend erholen.

Die Entwicklung in China wird von Ökonomen weltweit genau beobachtet, weil die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt in den vergangenen sieben Jahren mit zeitweise zweistelligen Raten zu rund einem Drittel des weltweiten Wachstums beigetragen hat. Diese Zeiten sind vorbei.

Die chinesischen Wirtschaftsplaner setzen nun alles daran, bis zum Ende des Jahres auf die sieben Prozent Wachstum zu kommen, die die Regierung zu Beginn des Jahres vorgegeben hatte. Dieser Plan könnte aufgehen. Die Regierung hat im ersten Halbjahr eine Reihe von Infrastrukturprojekten angeschoben, die in den kommenden Monaten unter Hochdruck umgesetzt werden.

Da in den ersten beiden Quartalen die 7 Prozent erreicht wurden, muss Chinas Wachstum im vierten Quartal nur um 0,2 Prozentpunkte höher ausfallen als im dritten Quartal. Das dürfte für die zentralgesteuerte Volksrepublik kein allzu großes Problem darstellen.

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