Bericht über Verschwinden von Studenten: Kein riesiger Scheiterhaufen

Das Verschwinden der 43 Studenten in Mexiko bleibt ungeklärt. Eine unabhängige Kommission betrachtet die Schlussfolgerungen der Behörden als unhaltbar.

Die Eltern der verschwundenen Studenten

Die Eltern der verschwundenen Studenten bei einer Pressekonferenz in Mexiko City. Foto: dpa

MEXIKO-STADT afp | | Eine unabhängige Untersuchungskommission hat die Schlussfolgerungen der Behörden zum Verschwinden von 43 Studenten in Iguala im Bundesstaat Guerrero in Zweifel gezogen. Die Hypothese der Generalstaatsanwaltschaft, dass die Studenten nach ihrer Ermordung eingeäschert worden seien, sei nicht haltbar, heißt es in einem am Sonntag vorgelegten Untersuchungsbericht der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte. Die internationalen Experten hatten den Fall ein halbes Jahr lang untersucht.

Ende vergangenen Jahres hatte der damalige Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam erklärt, die Polizei im südmexikanischen Iguala habe die 43 Lehramtsstudenten mit Beamten aus dem benachbarten Cocula entführt und sie an die Drogenbande Guerreros Unidos ausgeliefert.

Nach Aussagen von Bandenmitgliedern seien die Studenten dann ermordet und verbrannt worden. Das Feuer auf der Müllkippe von Cocula habe 14 Stunden lang gebrannt, bevor die Asche der Studenten in einen nahegelegenen Fluss geworfen worden sei. Bislang wurden nur die verkohlten Überreste eines Studenten in einer Tüte in dem Fluss gefunden.

Ein aus Peru stammender Professor der australischen University of Queensland kam nun zu dem Schluss, dass es 60 Stunden gedauert hätte, um die 43 Leichen zu verbrennen. Dazu wären 30 Tonnen Holz, 13 Tonnen Autoreifen und 13 Tonnen Diesel nötig gewesen, schrieb der von der Kommission beauftragte Experte José Torero. Es gebe „keinen Beweis, der auf den Brand eines Scheiterhaufens von solcher Größe für auch nur eine Leiche hinweist“, schrieb Torero. Die neue Generalstaatsanwältin Arely Gómez kündigte daraufhin an, Forensiker mit einer neuen Untersuchung der Spuren auf der Müllkippe zu beauftragen.

Widersprüche und Aussagen unter Folter

Die Untersuchungskommission bemängelte überdies, die Zeugenaussagen von fünf Verdächtigen zu der mutmaßlichen Einäscherung seien voller Widersprüche. Vorwürfe, Verdächtige seien Aussagen unter Folter abgepresst worden, müssten geprüft werden. In dem Fall wurden bereits mehr als hundert Verdächtige festgenommen, darunter örtliche Polizeikräfte.

Die Kommission forderte überdies eine Untersuchung des Verhaltens der Bundespolizei und der Armee in der Nacht zum 27. September. Damals hatte die städtische Polizei von Iguala auf Busse geschossen, die von unbewaffneten Studenten besetzt worden waren. Außerdem sollten die Behörden die Hypothese untersuchen, dass die Studenten unbeabsichtigt einen Bus in Beschlag nahmen, der für den Schmuggel von Heroin benutzt wurde.

„Dieser Bericht liefert eine völlig verdammende Verurteilung von Mexikos Umgang mit der schlimmsten Schandtat gegen Menschenrechte in der jüngsten Vergangenheit“, erklärte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Staatschef Enrique Peña Nieto teilte über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, er habe Anweisungen gegeben, dass die von der Untersuchungskommission vorgelegten Ergebnisse bei den Ermittlungen berücksichtigt würden.

Die Angehörigen der verschwundenen Studenten forderten Peña Nieto auf, sich mit ihnen zu treffen. Dies hatte der Präsident bisher erst ein Mal im Oktober getan. „Er und sein Sicherheitskabinett haben gelogen und haben uns eine Zeit des psychologischen und emotionalen Traumas erleiden lassen“, sagte der Sprecher der Angehörigen, Felipe de la Cruz, über Peña Nieto. Bei der Vorstellung des Untersuchungsberichts hatten einige Angehörige „Es war der Staat“ gerufen.

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