AfD in ostdeutschen Landtagen: Von Feldhasen, Bismarck und Pegida

Seit bald einem Jahr ist die AfD in drei ostdeutschen Landtagen. Ihre Abgeordneten bemühen sich um Bürgernähe statt Rechtsaußen-Image.

Björn Höcke

Björn Höcke kritisiert sogar die Bundesvorsitzende Frauke Petry von rechts Foto: dpa

DRESDEN taz | Seit September 2014 ist die Alternative für Deutschland, kurz AfD, in drei ostdeutschen Landtagen vertreten. Wahlergebnisse zwischen 9,7 und 10,9 Prozent bescherten ihr Fraktionen mit jeweils einem guten Dutzend Abgeordneter in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Wie wird die AfD dort wahrgenommen, welchen Politikstil pflegt sie?

Schon das Spitzenpersonal verdeutlicht, dass diese ostdeutschen Landesverbände nach rechts außen tendieren. Frauke Petry aus Sachsen, Alexander Gauland aus Brandenburg und Björn Höcke aus Thüringen sind alles andere als politische Freunde des ausgetretenen AfD-Gründers Bernd Lucke. Im Dezember 2014 stellte sich der brandenburgische Fraktionsvorsitzende Gauland klar hinter Pegida, wollte aber „nicht deren parlamentarischer Arm“ sein.

Sein Kollege Klaus Ness von der regierenden SPD-Fraktion beobachtet derweil bei der AfD „deutschnationale Völkische, Sozialdarwinisten, Verschwörungstheoretiker und rechtsextreme Irrlichter“. Im Potsdamer Landtag stellt die AfD aber immerhin die Vorsitzenden der Ausschüsse für Umwelt/Landwirtschaft und für den Haushalt.

Die Fraktion versucht, sich alternativ und bürgernah zu geben. Sie stellte einen eigenen Antrag zum Gedenken an die Reichspogromnacht 1938, traf sich mit der Muslimischen Gemeinde Potsdam, demonstrierte gegen eine dritte Startbahn am „Märchenflughafen“ Schönefeld, forderte beitragsfreie Kita-Plätze und warf der SPD ein „Abhängen“ der Berlin-fernen Regionen vor. Eine Volksinitiative gegen Massentierhaltung ging ihr nicht weit genug.

Täglich eine Handvoll Pressemitteilungen

Auch die sächsische AfD-Landtagsfraktion trat mit der Geste an, um der Sache willen auch mit den anderen beiden Oppositionsparteien, den Grünen und den Linken, zusammenarbeiten zu wollen. Was sie nicht daran hindert, diese zugleich als „Altparteien“ mit Verachtung zu strafen.

Sehr fleißig arbeitet der AfD-Pressesprecher Andreas Harlaß, ein ehemaliger Bild-Redakteur. Täglich gibt er mindestens eine Handvoll Pressemitteilungen heraus. Der bunte Themenstrauß reicht vom Schutz des Feldhasen über den Bismarck-Geburtstag bis zur Feier von Wilhelm Busch, der mit seinen Geschichten von Max und Moritz den ersten Comic der Welt schuf.

Nach Auffassung der AfD-Politiker hat Sexualaufklärung im Kindergarten nichts zu suchen, dafür umso mehr der Trabi, etwa auf dem Sachsenring. Gleichstellungsbeauftragte findet die Partei verzichtbar, nicht aber deutsche Musik im Radio. Zum Kindertag am 1. Juni forderte die sächsische AfD ein Begrüßungsgeld von 5.000 Euro für jedes Neugeborene.

Insgesamt ist die Dresdner Fraktion um ein halbwegs geschlossenes und seriöses Erscheinungsbild bemüht. Die clevere Fraktionschefin Frauke Petry ist zu schlau, als dass sie mit plumpen Parolen provozieren würde.

CDU sieht keine Schnittmengen

Die „Altparteien“ schauen indes lächelnd auf die Parlamentsanfänger von der AfD hinab. Deren Generalsekretär Uwe Wurlitzer räumt Fehler durchaus ein. Etwa bei der Haushaltsdebatte, als man sich ganz schlicht mit der Redezeit verkalkulierte und die eigenen Anträge schlussendlich nicht mehr einbringen konnte.

Ob sich die AfD jemals als potenzieller Partner qualifizieren kann, bezweifelt derzeit der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Colditz. „Dort, wo sie sich als populistische Protestpartei outet, wird es auch in Zukunft keine inhaltlichen Schnittmengen mit der CDU geben“, erklärt der langjährige sächsische Landtagsabgeordnete.

In Thüringen haben drei Abgeordnete im Zuge des Richtungsstreits der Gesamtpartei die elfköpfige Landtagsfraktion verlassen. Sie gilt als besonders rüde, setzt auf Krawall und handelte sich eine Rekordzahl von Ordnungsrufen ein.

Der Vorsitzende Björn Höcke steht besonders für diesen Stil, ein Mann, „der sogar die neue Bundesvorsitzende Frauke Petry von rechts kritisiert“, wie die Linken-Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow sagt.

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