Verfassungsgericht über Betreuungsgeld: Herdprämie gekippt

Das Bundesverfassungsgericht erachtet das Betreuungsgeld als unrechtmäßig. Die Bundesregierung habe mit der Einführung ihre Befugnisse überschritten.

Eine Frau hält beim Kochen ein Kind im Arm

Ein Anreiz, zu Hause zu bleiben: das Betreuungsgeld. Foto: dpa

BERLIN rtr/dpa/ap/afp/taz | Das umstrittene Betreuungsgeld verstößt in seiner bisherigen Form gegen das Grundgesetz. Das verkündete das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe. Nicht der Bund, sondern die Länder seien für die Leistung zuständig, entschied das Gericht. Die Regelung sei deshalb verfassungswidrig und nichtig.

Eine Klage Hamburgs gegen die am 1. August 2013 eingeführte Familienleistung, die von Gegnern als „Herdprämie“ kritisiert wird, war damit erfolgreich.

Laut dem Karlsruher Urteil hat der Bund im Bereich der „öffentlichen Fürsorge“ gegenüber den Ländern zwar eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit und darf daher Regelungen für Hilfen in individuellen oder existenziellen Notlagen erlassen. Doch dies gilt nur, wenn damit bundesweit gleichwertige Lebensverhältnisse geschaffen werden.

Das Betreuungsgeld gleicht laut dem einstimmig ergangenen Urteil aber keine Missstände bei Kita-Angeboten aus, weil die Zahlung nicht davon abhängt, ob ein Betreuungsplatz vorhanden ist, sondern nur davon, dass Eltern ihn nicht in Anspruch nehmen.

Auch aus dem vom Grundgesetz geschützten Elternrecht lässt sich den Richtern zufolge kein Anspruch auf Betreuungsgeld ableiten: „Das Angebot öffentlich geförderter Kinderbetreuung steht allen Eltern offen. Nehmen es Eltern nicht in Anspruch, verzichten sie freiwillig“. Es geben dann auch keine Pflicht, diesen Verzicht durch eine Prämie auszugleichen.

Seit dem 1. August 2013 gültig

Das Betreuungsgeld wird seit dem 1. August 2013 an Eltern gezahlt, die für ihre ein- und zweijährigen Kinder keine staatliche Kita-Betreuung in Angriff nehmen. Seit vergangenem Jahr beträgt es 150 Euro im Monat. Derzeit beziehen mehr als 455.000 Eltern das Betreuungsgeld.

Die SPD hatte das Betreuungsgeld 2012 als damalige Oppositionspartei im Bundestag abgelehnt. Die Partei will es ersatzlos streichen und das freiwerdende Geld lieber in den Kita-Ausbau stecken. Die CSU hat die SPD hingegen aufgefordert, in dem Falle gemeinsam in der Koalition nach einer Alternative zu suchen.

Gegner der Geldzahlung argumentieren, das Betreuungsgeld erschwere Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf und halte gerade Kinder mit besonderem Förderbedarf vom Kita-Besuch fern.

(Aktenzeichen 1 BvF 2/13)

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