Kommentar zu TTIP und Griechenland: Erosion der europäischen Idee

Die Griechenland-Krise steht für den Zerfall der EU, TTIP für ihre Ausdehnung. Beide zusammen stehen für die Abgehobenheit der Institutionen.

Anti-TTIP-Schild im EU-Parlament

Ein Nein zu TTIP im Europäischen Parlament Foto: dpa

Am Dienstagvormittag hörten die Abgeordneten im Europäischen Parlament Alexis Tsipras, am Mittag stimmten sie über ihre Resolution zum Freihandelsabkommen TTIP ab. Griechenland steht für die Krise, möglicherweise den Zerfall der EU. TTIP dagegen steht für die Ausdehnung der EU, denn sie will damit ihren Wirtschaftsraum erweitern.

Trotzdem führen beide Ereignisse in die gleiche Richtung: die Erosion der europäischen Idee. Griechenland und TTIP sind Symbole für das neoliberale Denken. Und die Abgehobenheit der Institutionen. Der Mehrheit der EU-VerhandlerInnen ist das Ergebnis des Referendums in Griechenland egal, der Mehrheit der Abgeordneten des Parlaments der millionenfache Protest gegen TTIP.

Gegen TTIP ist eine europaweite Protestbewegung entstanden. Millionen Menschen fürchten die darin vorgesehenen Investorenklagen. Damit können sich Unternehmen Milliarden an Schadenersatz erstreiten. Vattenfall macht das gerade vor und verklagt Deutschland wegen des Atomausstiegs.

Viele BürgerInnen wollen keine Paralleljustiz. Ihr Protest richtet sich zuerst gegen aus den USA importierte Chlorhähnchen. Er richtet sich gegen nicht kontrollierbare neue Entscheidungsinstanzen, die der Wirtschaft nützen und den VerbraucherInnen bestenfalls nicht schaden – wie die Investorenklagen. Ausgerechnet Parlamentspräsident Martin Schulz hat mit einem vermeintlichen Kompromissvorschlag verhindert, dass sich eine Mehrheit gegen die Investorenklagen ausspricht. Denn die hätte es durchaus geben können.

Aber für Schulz ist die Große Koalition im Europäischen Parlament wichtiger als ein klares politisches Signal in Richtung der TTIP-Kritiker, von denen es auch in den sozialdemokratischen Reihen sehr viele gibt. Ähnlich wie in der Griechenland-Diskussion mit seinen aggressiven Ausfällen gibt der bekannteste Repräsentant Europas ein verheerendes Bild ab. Mit solchen Leuten an der Spitze scheitert Europa.

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