Streit um Wohnungsbau im Grünen: „Gartenstadt“ nicht zu stoppen

Die „Planwerkstatt“ zur Gartenstadt Werdersee gerät aus den Fugen: Kritiker reagieren sehr erbost auf angeblich unzureichende Umweltgutachten.

Noch Wiesenidyll – bald „Gartenstadt Werdersee“. Foto: Nikolai Wolff/Fotoetage

BREMEN taz | Letzte Hoffnung: Verträglichkeitsgutachten. Deswegen waren annähernd 100 Gegner der „Gartenstadt Werdersee“ zur „Planungswerkstatt“ des Bausenators erschienen. Neugierige Konzentration wich bald frischer Empörung – und schaukelt sich höchst aggressiv empor, da die Vortragenden keine Argumente gegen das Vorhaben in Stellung bringen können. „Es handelt sich um eine Normallandschaft“, so Dirk Hürter von der Umweltbehörde.

Dass eine Freizeitfläche der Öffentlichkeit enteignet und privater Nutzung zugeführt wird, ist von der Baudeputation durch eine entsprechende Änderung des Bebauungsplans 2452 bereits 2013 entschieden worden. Keine Hoffnung mehr auf Erhalt der Feuchtwiese und Ackerflächen, die als Naherholungsgebiet, Abenteuerspielplatz und Hundeklo beschrieben werden.

Der Gartenstadt-Entwurf sieht vor, 570 Wohnungseinheiten für 1.180 Menschen auf dem 17,4 großen Areal neben dem Huckelrieder Friedhof zu erstellen. Geplant ist eine Bebauung in lockerer Gebäudeschüttung – die 75 Wohneinheiten pro Hektar entsprächen den angrenzenden Quartieren, so Moderator Frank Schlegelmilch. Architekt Matthias Rottmann will einen Mix aus Einfamilienhäusern, mehrstöckigen Reihenhäusern entstehen lassen, plus siebengeschossiges Wahrzeichen sowie Kita (für 100 Kinder) und eine Grundschule (128 Kinder).

Die Freifläche sei für das Stadtklima besonders wichtig, meint die Gegnerfraktion. Hürter bestätigt, die Schneise sei Leitungsbahn für frische Winde, vor allem die nächtliche Zufuhr von Kaltluft in die Hansestadt. Die Gartenstadt habe dann „erheblich negative Wirkungen“, sei in der geplanten offenen Bauweise, flankiert von 50-Meter-Grünstreifen, aber klimapolitisch akzeptabel. Hinzunehmen sei auch, dass ein Stück „Landschafterleben“ wegfalle.

Die freie Gutachterin Henne Jordan legte eine botanische und zoologische Bestandsaufnahme vor. Sie beschrieb ein „arten- und blütenreiches Grünland“, zählte 225 Bäume und fand mit der Traubigen Trespe sogar eine „stark gefährdete Pflanze“ - was aber nicht reichen würde, später mal einen Baustopp einzuklagen. Turmfalke und Waldohreule würden derzeit noch auf dem Gelände Mäuse jagen, Fledermäuse fänden gute Lebensbedingungen. Brutvögel aber gebe es keine. Das sei Folge der intensiven Nutzung durch jagende, bellende und draufloskotende Hunde.

Das Überschwemmungsgebiet liege nur vier Meter über Normal-Null, müsse durch Aufsandung erhöht und mit Versickerungs-Senken bereichert werden, erklärte ein Entwässerungsingenieur. Auch die Bodenuntersuchungen ergaben keine Gefährdungen. Es wurde zwar eine in den 1960er/70er Jahren genutzte, heute mit Müll abgedeckte Tongrube gefunden. „Aber dort kann wie vorgesehen eine Freizeitfläche entstehen – mit neuer Rasenabdeckung“, so Christina Heinken als Vertreterin des Umweltsenators.

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