Kommentar Urteil zur Euro-Rettung: Karlsruher Teilerfolg

Die EZB darf den Euro auch durch den Ankauf maroder Staatsanleihen stabilisieren. Damit sollte das Bundesverfassungsgericht leben können.

Mario Draghi auf einer Pressekonferenz

Mario Draghi: Die Euro-Rettung war ganz okay, findet der Europäische Gerichtshof. Foto: dpa

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist unabhängig. Das hat Deutschland durchgesetzt, als vor über zwanzig Jahren die europäische Währungsunion vereinbart wurde. So wollte man verhindern, dass die Politik die Zentralbank zur Staatsfinanzierung missbraucht. Damit hat sich Deutschland aber selbst ausgetrickst. Gerade weil die EZB unabhängig ist, kann die Bundesregierung nicht verhindern, dass die EZB freiwillig Staatsfinanzierung betreibt und Staatsanleihen in gigantischer Höhe aufkauft.

Dieses Dilemma ist der Hintergrund für die Aktivitäten des Bundesverfassungsgerichts: Wenn schon keine politische Kontrolle der Zentralbank möglich ist, soll sie wenigstens rechtlich kontrolliert werden. Karlsruhe fragte deshalb den Europäischen Gerichtshof, ob die EZB 2012 ihre Kompetenzen überschritt, als sie ankündigte, sie werde den Euro durch den Ankauf von Staatsanleihen retten.

Die Karlsruher Anfrage war zumindest in drei Punkten erfolgreich. Der EuGH hat jetzt entschieden, dass die EZB nicht machen kann, was sie will, sondern rechtlich kontrolliert wird. Der EuGH hat zweitens auch anerkannt, dass das Bundesverfassungsgericht in die Kontrolle einbezogen ist, indem es den EuGH einschalten kann. Die Regierungen von Griechenland, Italien und Irland hatten das mit guten Gründen für unzulässig gehalten, weil ein nationales Verfassungsgericht nicht für Europarecht zuständig ist.

Drittens hat der EuGH auch den Karlsruher Maßstab akzeptiert. Die EZB darf keine Staatsfinanzierung betreiben und das Verbot darf auch nicht umgangen werden. Einzige Niederlage für Karlsruhe: Der EuGH fand, dass die EZB ihre Kompetenzen damals nicht überschritten hat. Das hatte das Bundesverfassungsgericht anders gesehen.

Doch diesen Dissens sollten die deutschen Verfassungsrichter verschmerzen können. Es wäre ja auch dumm, die EZB als Akteur auszuschalten, solange sie so erfolgreich agiert und mit einer bloßen Ankündigung die Märkte beruhigen kann. Karlsruhe sollte sich daher über seinen Teilerfolg freuen und das Urteil des EuGH akzeptieren.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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