Verteilung von Flüchtlingen: Italiens Rechte macht mobil

Die wohlhabenderen Regionen im Norden Italiens wollen keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen. Dabei leben dort schon die wenigsten.

Flüchtlinge auf dem schwedischen Rettungsboot Poseidon laufen im italienischen Hafen von Messina ein. Foto: ap

ROM taz | Drei von der Rechten regierte norditalienische Regionen machen mobil gegen die weitere Aufnahme von Flüchtlingen und gehen damit auf offenen Konfliktkurs gegen die Regierung in Rom.

Roberto Maroni, der Präsident der Lombardei von der rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen Lega Nord, sein Parteikollege Luca Zaia, der Venetien regiert, und der gerade an die Spitze Liguriens gewählte Giovanni Toti, der zu Silvio Berlusconis Forza Italia gehört, wollen ab sofort keine Bootsflüchtlinge mehr aufnehmen.

In diesem Jahr sind schon mehr als 50.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Italien gekommen, allein zwischen Samstag und Montag trafen etwa 7.000 Menschen ein. Ihre Unterbringung stellt Italien vor große Probleme, die der Zentralstaat über eine geregelte Verteilung der Eritreer, Syrer oder Nigerianer auf alle Regionen zu lösen sucht.

Doch ausgerechnet Maroni, der in seiner Amtszeit als Innenminister in der letzten Berlusconi-Regierung die Quotenregelung eingeführt hatte, will von ihr nun nichts mehr wissen. „Keine neuen Klandestinen mehr“ will er in der Lombardei hinnehmen. Er ist damit ganz auf der Linie des Parteichefs der Lega Nord, Matteo Salvini, der schon im Regionalwahlkampf die „Immigrantenflut“ zum zentralen Thema gemacht und damit beim Urnengang am 31. Mai kräftige Erfolge eingefahren hat.

So kam die Lega mit ihrem explizit am Front National angelehnten Kurs auch in Regionen, in denen sie bisher eine Randgröße war, auf beachtliche Resultate, erreichte etwa in Ligurien über 20 und in der mittelitalienischen Toskana 16 Prozent. Vor allem durfte sie sich darüber freuen, mit Ausnahme der Südregionen überall zur ersten Kraft der Rechten avanciert zu sein.

„Besetzt die Präfekturen“

Salvini, Maroni und der Chef des Veneto, Zaia, wollen nun offenkundig aus dem Flüchtlingsthema weiteres politisches Kapital schlagen. Maroni etwa kündigte an, er wolle jenen Kommunen der Lombardei, die weiter Flüchtlinge aufnehmen, die Mittelzuweisungen der Region zusammenstreichen. Und als die Zentralregierung unter Matteo Renzi ankündigte, sie werde notfalls unter Umgehung der Regionalregierungen die Flüchtlingszuteilung über die Präfekturen vornehmen, eskalierte Lega-Nord-Chef Salvini die Auseinandersetzung weiter. Er rief seine Anhänger auf, in diesem Fall „die Präfekturen zu besetzen“.

Dabei haben die wohlhabenderen Regionen des Nordens schon bisher weit weniger Flüchtlinge aufgenommen als die mittel- oder süditalienischen Regionen. Allein Sizilien bietet 22 Prozent der Boat people eine Unterkunft, und der Latium beherbergt elf Prozent. Die Lombardei dagegen, mit knapp 10 Millionen Einwohnern Italiens bevölkerungsreichste Region, hat nur neun Prozent übernommen.

Seine Drohungen begleitet der Präsident der Lombardei, Maroni, mit guten Ratschlägen an Renzi: Der solle endlich in Europa mit der Faust auf den Tisch hauen und für eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in der EU sorgen. Maroni fordert damit international jene Solidarität ein, die er zugleich national verweigert.

Die Regierung Renzi reagiert ihrerseits, indem sie jenen Kommunen, die sich aufnahmebereit zeigen, zusätzliche Finanzen in Aussicht stellt. Zugleich schickte das Innenministerium auch am Montag wieder Busse mit 2.500 Flüchtlingen aus Sizilien Richtung Norden.

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