Anklage: Verschärfte Haft für "militante gruppe"

Terrorbeschuldigte dürfen Besuche nur hinter Trennscheibe empfangen. Anwälte: "Rückfall in alte Zeiten"

Die vier Beschuldigten sitzen in U-Haft im Gefängnis Moabit Bild: dpa

BERLIN taz Lange mussten die Ermittlungsbehörden auf einen Fahndungserfolg gegen die "militante gruppe" (mg) warten. Nach der Festnahme von vier Tatverdächtigen am Dienstag zeigt Generalbundesanwältin Monika Harms nun die ganze Härte des Gesetzes.

Nach Angaben von Sven Lindemann, einem von acht Verteidigern der vier Beschuldigten, hat der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof verfügt, dass die Festgenommenen Besuche nur hinter einer Trennscheibe empfangen dürfen. Auch die Verteidigerpost werde vom Ermittlungsrichter gelesen. "Das ist ein Rückfall in alte Zeiten", sagt Lindemann.

Florian L. (35), Oliver R. (35) und Axel H. (46) waren am Dienstag in Brandenburg an der Havel bei dem Versuch festgenommen worden, Brandsätze unter drei Bundeswehrfahrzeuge zu legen. Nach Durchsuchungen bei weiteren vier Personen in Berlin und Leipzig wurde auch der 36 Jahre alte Soziologe Andrej H. festgenommen. Ihm wirft die Bundesanwaltschaft vor, als promovierter Soziologe "Schlagwörter und Phrasen" veröffentlicht zu haben, "die in Texten der 'militante(n) gruppe' (mg) ebenfalls verwendet werden." Darüber hinaus soll er sich zweimal mit einem der in Brandenburg Festgenommenen getroffen haben. Alle vier werden nach Paragraf 129a Strafgesetzbuch der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung beschuldigt.

Schon die Überführung der Beschuldigten am Mittwoch nach Karlsruhe war für die Anwälte alles andere als üblich. "Normalerweise werden auch Personen, die man nach Paragraf 129a anklagen will, mit dem Auto nach Karlsruhe gebracht", so Lindemann. Die vier mutmaßlichen Mitglieder der "mg" aber seien mit dem Hubschrauber nach Karlsruhe geflogen worden. "Das ganze Programm", ärgert sich der Anwalt. Er befürchtet nun, dass die Generalbundesanwältin an einem sogenannten Haftstatut arbeitet. "Dazu kann gehören, dass man nur eine bestimmte Anzahl Bücher haben darf oder sich vor und nach Besuchen ausziehen muss." Die Bundesanwaltschaft war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Nachdem am Mittwoch in Karlsruhe die Haftbefehle erlassen wurden, sind die vier Beschuldigten inzwischen wieder in Berlin. Dort sitzen sie in Einzelzellen des Gefängnisses Moabit in Untersuchungshaft.

Neben den Anwälten hat gestern auch der Berliner Fraktionsvorsitzende der Grünen, Volker Ratzmann, das Vorgehen der Ermittlungsbehörde kritisiert. "Augenscheinlich versucht die Bundesanwaltschaft gerade, den Tatbestand der terroristischen Vereinigung auf einen zufällig zustande gekommenen losen Zusammenschluss von Personen auszudehnen", sagte Ratzmann der taz. Damit werde ein uferloser Anwendungsbereich für diesen Paragrafen geschaffen. Er gehe allerdings davon aus, "dass das Konstrukt, das die Bundesanwaltschaft da zusammengezimmert hat, einer Überprüfung nicht standhält". Ihn wundere, dass der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof auf dieser Grundlage überhaupt einen Haftbefehl erlassen habe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.