Feuerkatastrophe: Griechischer Wahlkampf entbrannt

Die Regierungspartei sieht in den Waldbränden eine "asymmetrische Bedrohung" durch Terroristen.

Griechischer Schäfer beim Versuch, seine Schafe zu retten Bild: dpa

BERLIN taz Die Waldbrände in Griechenland sind zum beherrschenden Wahlkampfthema geworden. Zwar war nicht zu erwarten, dass sich die Regierung der Nea Dimokratia und die Oppositionsparteien angesichts der nationalen Trauer schonen würden, aber die Schärfe der Polemik kommt überraschend. Dabei ist völlig offen, wie das Wahlvolk auf die "Politisierung" der Katastrophe reagieren wird. Die erste Umfrage nach Ausbruch der Brände zeigt zwar noch einen knapp einprozentigen Vorsprung der Regierungspartei vor ihrem Hauptgegner Pasok. Bezeichnend ist jedoch, dass nur jeder vierte Befragte seine Wahlpräferenz äußern will. Ein Großteil der Bevölkerung scheint es leid zu sein, sich instrumentalisieren zu lassen. Die Verantwortung für das "Versagen des Staates", das sich in den letzten Tagen offenbart hat, wird der gesamten politischen Klasse angelastet.

Die Instrumentalisierung der Katastrophe wurde vom Minister für öffentliche Ordnung begonnen. Vyron Polydoras sprach von einem Verschwörungsplan und Brandstiftern, die das Vaterland vernichten wollen. In Anklang an die Reaktion der Bush-Regierung auf den 11. September sieht er eine "asymmetrische Bedrohung" Griechenlands durch terroristische Elemente. Der Geheimdienst und die Antiterroreinheit der Polizei wurden beauftragt, die Verschwörung aufzudecken. Ein Sprecher des Ministers spricht von "Indizien, Zeugen und Tatortfunden".

Der Öffentlichkeit wurde aber erst ein einziges Indiz präsentiert: Der staatliche Sender ERT zeigte eine Videoszene mit zwei Gestalten, die durch Rauchschwaden geistern. Die Bilder gingen am Montag weltweit über die TV-Sender. Einen Tag später enthüllte die Athener Elevtherotypia, dass auf dem Video freiwillige Helfer zu sehen sind, die an den Hängen des Hymettos am Südrand Athens auf einen Brandherd zueilen.

Die Terrorismuslinie unterstreicht auch eine staatliche Hilfe, die den Betroffenen zugesagt wurden: Ein Mitglied jeder Familie, die ein Todesopfer zu beklagen hat, erhält eine lebenslange Rente. Denselben "Ehrensold" gewährte die Regierung den Familien von Mordopfern der Terrorgruppe "17. November".

Die Opposition reagierte sofort. Pasok-Chef Giorgos Papandreou warf Polydoras vor, "asymmetrischen Unsinn" zu verbreiten. Das Verschwörungsgerede der Regierung sei eine "Bedrohung der Demokratie". Für seine Behauptung, die Regierung verbreite im Ausland das Gerücht, die Brandstifter seien der Pasok zuzurechnen, bleibt Papandreou ebenfalls jeden Beweis schuldig.

Ein kritischer Journalist kommentiert das parteipolitische Hickhack so: "Wir sind eben asymmetrische Griechen, die korrupte Repräsentanten wählen und aus purem Eigeninteresse unwürdige Politiker tolerieren."

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