Schwedens Stromkonzerne müssen zahlen: Luftverschmutzung nicht mehr umsonst

Schweden nimmt Stromfirmen härter ran: Die Konzerne müssen ab 2008 für jede Tonne Kohlendioxid ein Zertifikat kaufen. Deutschland dagegen verschenkt die meisten Zertifikate.

Volvo in Göteburg muss seine Verschmutzungsrechte künftig kaufen, sollen die Bänder nicht still stehen. Bild: dpa

STOCKHOLM taz Strom aus fossilen Energieträgern zu erzeugen, wird künftig teuer in Schweden. Das gilt vor allem in den Kraftwerken, die noch keine topmoderne Reinigungstechnik haben. Die konservativ geführte Regierung in Stockholm hat jetzt beschlossen, dass den Stromproduzenten in der nächsten Handelsperiode von 2008 bis 2012 keinerlei Gratis-Verschmutzungsrechte mehr zugeteilt werden.

Damit ist Schweden das erste EU-Land, dass keinerlei Zertifikate mehr verschenkt. Die schwedischen Produzenten von Strom und Fernwärme aus Kohle, Öl oder Erdgas müssen sich für ihren gesamten Kohlendioxid(CO2)-Ausstoß mit entsprechenden Zertifikaten an der Strombörse eindecken. Dort kostet die Emissionsberechtigung für eine Tonne CO2 derzeit über 22,50 Euro - mit steigender Tendenz.

In Deutschland sollen die Stromproduzenten nur verpflichtet werden, 10 Prozent ihrer Verschmutzungsrechte kaufen zu müssen, der Rest wir ihnen geschenkt.

In den ersten Jahren des europäischen Handelsystems mit Verschmutzungsrechten waren den schwedischen Stromproduzenten diese auch für 80 Prozent ihres CO2-Ausstosses geschenkt worden. Der vollständige Wegfall dieser Quote kam für die Stromwirtschaft nun völlig überraschend. Der Regierungsbeschluss sei "unverständlich und diskriminierend" beschwerte sich deshalb auch der Vorsitzende der Branchenorganisation "Svensk Energi" Bo Källstrand. Denn die schwedischen Fossilstromproduzenten, deren Produktion jetzt schon mit der europaweit höchsten Kohlendioxidsteuer belastet sei, hätten damit einen wesentlichen Konkurrenznachteil gegenüber den Nachbarländern. Die Konsequenz könne sein, "dass hochmoderne Kraftwärmewerke zugunsten von Importstrom stillgelegt werden".

Stark steigende Strompreise für die Konsumenten als Folge des jetzigen Regierungsbeschlusses können die Konzerne kaum rechtfertigen. Die Stromfirmen hatten bislang schon den Wert der gratis zugeteilten Verschmutzungsrechte als theoretische Kosten in ihre Preiskalkulation einbezogen und damit "Windfall-Profits" in Milliardenhöhe kassiert. Nun sollen ihnen - auch wenn die Regierung ihren Schritt nicht ausdrücklich damit begründet - diese Kosten tatsächlich entstehen und damit zumindest Teile dieser ungerechtfertigten Profite abgeschöpft werden.

Der schwedische Anteil an der globalen Freisetzung von Klimagasen dürfte dennoch nicht drastisch sinken. 60 Prozent der Emissionen sind nicht einbezogen: Das Gros kommt aus dem Autoverkehr. Außerdem wird die Industrie nicht all zu hart rangenommen. Brüssel verteilt die Verschmutzungsrechte sehr großzügig. Den vom europäsichen Emissionsrechte-System umfassten rund 700 schwedischen Industrieanlagen sind von der EU ab 2008 jährlich 22,5 Millionen Tonnen CO2 zugeteilt worden, in etwa die gleiche Menge wie in den Jahren zuvor. Und das sind rund 10 Prozent mehr als die CO2-Menge, die 2006 tatsächlich freigesetzt wurde.

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