Ausbeutung im Diplomatenhaushalt: Sklaverei in Berlin

Ein jemenitischer Diplomat in Berlin sperrte seine Haushaltshilfe jahrelang ein, schlug sie, bezahlte den Lohn nicht. Die deutschen Behörden sind machtlos, da Diplomaten Immunität genießen.

Die indonesische Hausangestellte Hasniati Hasniati* wurde fast viereinhalb Jahre lang von einem jemenitischen Botschaftschaftsattaché wie eine Sklavin gehalten. Zwei Jahre davon in Berlin. Sie war in der Wohnung des Diplomaten am Potsdamer Platz eingesperrt und musste ihm von 6 Uhr morgens bis mindestens Mitternacht als Arbeitskraft zur Verfügung stehen.

Der Diplomat zahlte ihr den Lohn nicht, gab ihr keine Decke zum Schlafen, rationierte ihr Essen. "Morgens eine Scheibe Brot, eine Tasse Tee, abends Reis, eine Tomate und Chilischoten", erzählt sie mit leiser Stimme auf der Pressekonferenz im Zentrum der Koordinierungs- und Beratungsstelle gegen Menschenhandel Ban Ying am Donnerstag in Berlin. Der Mann schlug sie. Ob es auch andere Arten von Übergriffen gab, wird nicht öffentlich gemacht. Fernsehen durfte sie nicht, telefonieren oder Briefe verschicken ebenso wenig. Vom Tsunami erfuhr sie nichts.

Letzten Mai endete das Martyrium der Frau. Hasniati lag mit einer offenen TBC in einem Berliner Krankenhaus. Die dortige Sozialarbeiterin wandte sich an Ban Ying. Hasniatis schlechter Allgemeinzustand mit starkem Untergewicht hatte die Ärzte misstrauisch gemacht. Zudem tauchte täglich ein Araber auf, der die Herausgabe der Frau forderte, was wegen der Seuchengefahr gar nicht möglich war.

Hasniati hatte sich 2002 von einer Rekrutierungsagentur in Indonesien, die Angestellte in arabische Länder vermittelt, in den Dienst des jemenitischen Diplomaten, der damals in Kairo lebte, schicken lassen. Gegen ihren Willen nahm er sie 2004 mit nach Berlin. Da die Angestellten in Diplomatenhaushalten ihren Aufenthalt, anders als etwa in Belgien, nicht selbst beim Auswärtigen Amt anmelden müssen, bot sich auch hier für Hasniati keine Gelegenheit, auf ihre Not aufmerksam zu machen.

Hasniati hatte Angst vor dem Mann, mit dem sie in dieses negative Abhängigkeitsverhältnis geraten war. Sie kommt aus einer ländlichen Familie von der indonesischen Insel Flores und war mit 25 schon Witwe mit zwei Kindern. Sie musste Geld verdienen.

Immer wieder gibt es Fälle von Ausbeutung in Diplomatenhaushalten. Meist sind Frauen betroffen. Seit 2000 hatte Ban Ying etwa mit einem guten Dutzend Opfer zu tun. "So ein krasser Fall allerdings ist uns noch nie untergekommen", sagt Nivedita Prasad von Ban Ying. Die Organisation wendet sich nun an die Öffentlichkeit, um zumindest den ausstehenden Lohn, der sich auf etwa 23.000 Euro beläuft, einzufordern. Denn wegen der Immunität, die die Diplomaten genießen, sind den deutschen Behörden bei Strafverfolgung die Hände gebunden.

In diesem Fall hat sich das Auswärtige Amt eingeschaltet. Die jemenitische Botschaft sagte zu, Verantwortung zu übernehmen, falls der Diplomat nicht nachweist, dass er bezahlt hat. Bisher bekam Hasniati, die über die Härtefallkommission aus humanitären Gründen einen Aufenthaltsstatus in Deutschland erhalten hat, jedoch erst drei Monatslöhne. *Name geändert

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