Debatte um Bau des Mainzer Kraftwerks: Union entdeckt den Klimaschutz

Der rheinland-pfälzische CDU-Landeschef spricht sich plötzlich gegen das geplante Kohlekraftwerk in Mainz aus. Dafür sollen aber die Atomkraftwerke länger laufen.

Sinneswandel bei der CDU: Nun soll doch kein Kohlekraftwerk gebaut werden. Bild: dpa

MAINZ taz "Die Verbrennung von Steinkohle ist eine rückwärtsgewandte Technologie und einer der klimaschädlichsten Wege zur Stromerzeugung. Es kann nicht unser Ziel sein, diesen Weg zu gehen." Zu dieser Einsicht kam jetzt Christian Baldauf, Landes- und Landtagsfraktionsvorsitzender der rheinland-pfälzischen CDU. Und er teilte die Einsicht auch noch mit - nach einem Gespräch mit Vertretern der Bürgerinitiative "Kohlefreies Mainz" an diesem Freitag.

Am Freitag letzter Woche hatten die Bürgerinitiativen aus Mainz und Wiesbaden der Genehmigungsbehörde knapp 60.000 Einwendungen gegen den von der Kraftwerke Main-Wiesbaden AG (KMW) geplanten Kraftwerksbau übergeben. Die KMW will in den Mainzer Rheinauen ein Kohlekraftwerk mit über 800 Megawatt Leistung errichten. Tatsächlich gebe es dagegen "ernst zu nehmende ökologische, wirtschaftliche und vor allem gesundheitliche Bedenken", meint jetzt Unionschef Baldauf. Deshalb müssten nun "alle Möglichkeiten zum Verzicht auf das klimaschädliche Kohlekraftwerk in Erwägung gezogen werden" - etwa der Bau eines Gaskraftwerkes, für das schon eine Baugenehmigung existiere.

Dass der kommunale Energieversorger KMW inzwischen selbst die Verlängerung dieser Baugenehmigung beantragt habe, wertete der Christdemokrat denn auch als Hinweis darauf, dass es ganz offenbar "entgegen der bisherigen Behauptungen der KMW" doch eine umsetzbare Alternative zu einem Kraftwerk mit Steinkohleverfeuerung gebe.

Unionschef Baldauf stellt sich damit gegen die Lokalpolitiker seiner Partei in Mainz und in Wiesbaden, die weiter das Kohlekraftwerk favorisieren. Auch die Landesregierung unter Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) gehört zu den Befürwortern der Kohleverfeuerung in einem neuen Kraftwerk auf den Ingelheimer Auen. Ganz im Gegensatz zu den Genossen in Hessen, die mit dem Schattenminister im Kompetenzteam von Parteichefin Andrea Ypsilant, dem "Solarpapst" Hermann Scheer, voll auf erneuerbare Energien setzen.

Überholt jetzt also die CDU in Rheinland-Pfalz die SPD "links" und avanciert nach den nicht mehr im Landtag vertretenen Grünen zur Klimaschutzpartei Nummer zwei im Lande? Wohl kaum. Baldauf nämlich verbindet sein Veto gegen den Kohlekraftwerksbau mit einem Appell zur Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken "für eine Übergangzeit". Neue AKW will allerdings auch er nicht mehr bauen lassen.

"Atemberaubend" nennen die Grünen im Lande den "Kurswechsel" der Union. Sie sehen die knapp 60.000 Einwendungen der Bürger gegen das Kohlekraftwerk als "ursächlich für den Gesinnungswandel" an. "Ein schöner Erfolg der Bürgerinitiativen", so Landesvorstandssprecherin Eveline Lemke-Ziebeil.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.