Handballbundesligist TuSEM Essen: Siechtum, während andere jubeln

Der Handballboom in Deutschland hält an. Doch ein Traditionsklub kann nicht davon profitieren. TuSEM Essen hat sich schwer verkalkuliert und will nun endlich professionelle Strukturen aufbauen.

Kurzer Moment der Freude: Gleich nach dem Sieg im EHF-Pokalendspiel gegen den SC Magdeburg kam der Absturz in die Regionalliga. Bild: dpa

Frank Bohmann reagiert nach außen hin lässig. "Ich bin da ganz entspannt", sagt der Geschäftsführer der Deutschen Handball-Bundesliga (HBL), "ich erwarte da kein Unglück." Aber natürlich stören sie empfindlich, diese Berichte über finanzielle Schwierigkeiten beim Traditionsverein TuSEM Essen. Weil sie so gar nicht dem Image vom florierenden deutschen Klubhandball entsprechen. Von einer "Deckungslücke" ist bei dem dreimaligen Deutschen Meister die Rede. Eine halbe Million Euro benötige der Klub, spekulierte der Essener Boulevard, andere Veröffentlichungen gehen von einem "sechsstelligen Betrag" aus. "Alle bisher veröffentlichten Zahlen sind falsch", wettert hingegen Horst-Gerhard Edelmeier, der geschäftsführende Gesellschafter der Spielbetriebs GmbH, die für die laufende Saison mit rund 2,5 Millionen Euro kalkuliert hatte. Es sei deutlich weniger als eine halbe Million, "aber dass Geld fehlt, ist nicht zu leugnen".

Vor drei Jahren rang TuSEM schon einmal um die Lizenz für die nächste Saison. Der damalige Geschäftsführer Klaus Schorn wartete Monate auf das anvisierte Geld eines ominösen Sponsors namens Hellasplan, das allerdings nie kam. Es folgte im Mai 2005 der maximale Absturz: Zwangsabstieg in die Regionalliga West - nur ein paar Tage, nachdem TuSEM in einem atemberaubenden Finalrückspiel den EHF-Pokal gegen den SC Magdeburg gewonnen hatte.

Vergleiche mit 2005 zu ziehen finden die Verantwortlichen nicht angemessen. Diesmal sei die Finanzlücke nicht so groß. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir die Schieflage heilen werden", erklärt Geschäftsführer Edelmeier. Die Lücke werde gedeckt durch "feste Sponsorenzusagen", hat Bohmann bereits erfahren. Aber allein die Tatsache, dass für diese Woche noch Sitzungen der Gesellschafter und des TuSEM-Präsidiums einberufen sind, spricht für das Ausmaß der Krise. Bis Montag müssen die nötigen Lizenzunterlagen bei der HBL vorliegen; ob die Lizenz erteilt wird, entscheidet die Liga dann Mitte Mai. "Wir werden in den nächsten Jahren einen Überschuss erwirtschaften", ist Edelmeier zuversichtlich.

Die Gründe für die Unterdeckung liegen auf der Hand. Während die Kommerzialisierung des deutschen Klubhandballs rasant voranschreitet und längst jeder Klub hauptamtliche Führungskräfte bezahlt, arbeitet Edelmeier ehrenamtlich. Als Inhaber etlicher Firmen weilt er häufig im Ausland, kümmere sich letztlich zu wenig um die Klubgeschäfte, so lautet einer der Hauptvorwürfe. "Wir müssen professionelle Strukturen schaffen", fordert der Präsident des Gesamtvereins, Ulrich Gaißmayer. Edelmeier selbst versichert, man wolle schon bald "bezahlte Kompetenz im Klub" einrichten. Anstatt die Geschäftsstelle besser auszustatten, habe er sich im Zweifel immer "für einen weiteren Spieler entschieden", so Edelmeier, der dem Klub 2005 helfend zur Seite gesprungen war.

Schlimmer als die wirtschaftliche Situation aber empfindet Edelmeier, "dass hier ein Maulwurf alles ausplaudert". Er will recherchiert haben, dass HSV-Geschäftsführer Piet Krebs, ein ehemaliger TuSEM-Handballer, die finanzielle Notlage bei der Neuen Ruhr Zeitung lanciert habe. "Das entspricht nicht dem Solidarprinzip", zetert Edelmeier. Krebs dementiert dies freilich. "Ich würde nie so etwas machen, dafür bin außerdem zu weit weg vom Geschehen." Es stimme aber, dass die Zeitung kürzlich bei ihm angerufen habe, um eine Geschichte zu schreiben: die verblüffende Geschichte, warum der Klub sportlich dahinsiecht, obwohl so viele ehemalige Spieler (Peter Krebs, Martin Schwalb, Stefan Hecker) heute in der Liga eine wichtige Rolle spielen.

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