Bibliothek ohne Dach: Ein Bücherregal für alle

Im Prenzlauer Berg wird heute das erste öffentliche Bücherregal Berlins eröffnet. Es lebt von den Büchern der Passanten.

Überall in Berlin kämpfen öffentliche Büchereien ums Überleben - und nun das: Im Prenzlauer Berg wird heute eine Bibliothek, nein sogar ein ganzer "Bücherwald" eröffnet. Ein Wunder!

Der "Bücherwald" ist die erste Bibliothek, die den Anspruch öffentlich zu sein, wörtlich nimmt. Er steht in der Sredzkistraße Ecke Kollwitzstraße und hat rund um die Uhr auf. Der "Bücherwald besteht aus fünf ausgehöhlten Baumstämmen, die im Kreis zusammengestellt sind. In den Fächern stehen die Bücher, die Passanten dort hinterlegen.

Die neue öffentliche Bibliothek ist ein Bildungsprojekt, das die Idee des Bookcrossings - einer Bewegung, die 2001 in den USA entstand - aufnimmt und mit beruflicher Ausbildung verknüpft. Neun Monate arbeiteten 25 Auszubildende - angehende Förster, Zimmermänner, Tischler, Buchhändler und Medientechniker - daran. Sie fällten fünf Bäume im Grunewald, schnitten mit Kettensägen Regalfächer in das Holz und montierten die Stämme im Kreis. Initiiert wurde das Projekt vom Verein Baufachfrau Berlin.

Die Bäume wurden nicht einfach so gefällt. "Bei unserem Projekt hat die nachhaltige Waldwirtschaft Priorität", betont Ilka Holtdorf, Mitinitiatorin des Projekts. Das Deutsche Nationalkomitee der Unesco zeichnete den Bücherwald aus. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte das Vorhaben.

Die ausgehöhlten Bäumstämme bieten Platz für mindestens 100 Bücher. Es gibt Fächer für postkartengroße Reclam-Hefte bis hin zu großformatigen Bildbänden.

Der Bücherwald versteht sich als Teil der globalen Bewegung "bookcrossing". Dabei legen Leser und Leserinnen Bücher, die sie nicht behalten wollen, im öffentlichen Raum aus und hinterlassen im Internet unter www.bookcrossing.com eine Spur. Wer das Buch findet, kann seinerseits den weiteren Weg des Buchs im Netz kundtun. Angst vor Mangel an Lesestoff haben die InitiatorInnen nicht. "Wir glauben, dass wir eher zu viele Bücher haben werden", berichtet Holtorf.

Sollte der Bücherwald in Prenzlauer Berg ein Erfolg werden, würde der Verein gerne weitere öffentliche Regale aufstellen. "Die Auszubildenden haben bereits viele tolle Entwürfe gemacht."

Matthias Köhne (SPD), Bezirksbürgermeister von Pankow, wird den Bücherwald um 14 Uhr einweihen. "Wir gehen fest davon aus, dass er gleich ein Buch mitbringt", sagt Renate Boje von den Baufachfrauen - getreu dem Projektmotto: "Erleichtern Sie Ihr Bücherregal, der Bücherwald dankt es ihnen."

FRIEDEMANN BIEBER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.