Unbeugsame Nationalisten: Nicht überall ist Spanien

Die Freude über den Sieg der Nationalelf ist in Spanien sehr unterschiedlich verteilt. Im Baskenland, in Katalonien und Galicien waren auch die TV-Einschaltquoten nicht sehr hoch.

Die rot-gelben Farben waren nicht überall in Spanien zu sehen. Bild: dpa

MADRID taz Ganz Spanien ist im Fußballtaumel. - Ganz Spanien? Nein! Drei von unbeugsamen Nationalisten bevölkerte Autonomien hoch im Norden hören nicht auf, an ihrem eigenen Nationalstolz festzuhalten. Im Baskenland, in Katalonien und Galicien löst das erfrischende und erfolgreiche Spiel der Nationalelf weniger Freude aus als in Madrid. Die TV-Einschaltquoten belegen dies. Während in Madrid 81,5 Prozent das Halbfinale gegen Russland verfolgten, waren es in Katalonien nur 60,9, im Baskenland 63,3 und in Galicien 69,5 Prozent.

"Von einem kollektiven Freundentaumel ist hier nichts zu spüren", sagt Jaume Miserachs von der größten katalanischen Sportzeitung Mundo Deportivo aus Barcelona. "Ganz anders als wenn der FC Barcelona einen Titel gewinnt. Dann versinkt ganz Barcelona in einem Fahnenmeer." Wer die Nationalmannschaft feiert, tut dies im engen Freundeskreis. Mundo Deportivo stellt vor allem die katalanischen Spieler in der Elf von Luis Aragonés heraus. Wer nach euphorischen rot-gelben Schlagzeilen sucht, sucht vergebens.

Auch im Baskenland gab es weder Hupkonzerte noch spanische Fahnen auf den Straßen. In nationalistischen Kneipen fieberte mancher mit den Russen. "Wer die Spanier unterstützt, tut dies dezent", sagt Jesús, ein Uniprofessor aus Bilbao. Und das, obwohl das Baskenland eine fußballverrückte Region ist - aber nur, wenn es um Atletic de Bilbao geht. Oder wenn die baskische Auswahl gegen die aus Katalonien antritt.

Die spanische Nationalelf macht bei Freundschafts- oder Qualifikationsspielen meist einen großen Bogen um die beiden Regionen. Sie wollen den Nationalisten keine Bühne für Demonstrationen unter dem Motto "Hier ist nicht Spanien" bieten. In Katalonien spielt die Nationalelf hin und wieder und füllt gar das Camp Nou des FC Barcelona. Die Zuschauer sind meist Einwanderer aus dem restlichen Spanien und deren Kinder. Im Baskenland spielt "La Roja" seit 41 Jahren nicht mehr. Das letzte Spiel fand 1967 unter der Franco-Diktatur statt, es ging um die Qualifikation zur EM in Italien. Spanien schlug die Türkei 2:0. Ein Jahr später beging die bewaffnete Separatistenorganisation ETA ihr erstes tödliches Attentat. Seither wäre ein Spiel der spanischen Nationalelf nicht nur ein politisches Problem, sondern auch ein nur schwer zu kalkulierendes Sicherheitsrisiko.

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