Radikalislamisten in Algerien: Angst vor neuem Terror

Die radikalen Islamisten der "al-Qaida im islamischen Maghreb" werden immer aktiver, ihre Anschläge immer häufiger. Die Regierung warnt: Gebt auf oder ihr werdet erschossen.

Bouira, 120 km östlich von Algier, war Ende August Schauplatz eines Selbstmordattentats, bei dem 11 Menschen starben. Bild: dpa

ALGIER taz Die Algerier sehen mit Sorge den kommenden vier Wochen entgegen. Nach einer Anschlagsserie, die im August mindestens 95 Menschenleben forderte, befürchten viele, der am Montag begonnene Fastenmonat Ramadan könnte noch blutiger werden. Erinnerungen an die Bürgerkriegszeit der 90er-Jahre werden wach.

Die Regierung hat Polizei und Armee mobilgemacht. Straßenkontrollen, Absperrungen vor offiziellen Gebäuden und Zivilstreifen allerorts sollen Anschläge verhindern. Der August war der blutigste Monat seit Jahresbeginn. Der schlimmste Anschlag forderte 48 Menschenleben, als ein Selbsmordattentäter am 19. August seinen Sprengsatz vor der Polizeischule in Issers, 60 Kilometer östlich von Algier, zündete. Die Opfer waren alle junge Männer, die Schlange standen, um ihre Bewerbung abzugeben. In Bouira, 100 Kilometer südöstlich von Algier, traf ein Selbstmordanschlag die Arbeiter einer kanadischen Baufirma; bereits Anfang des Monats waren ein Posten des Geheimdienstes in Tizi Ouzou in der von der Berberminderheit bewohnten Kabylei und eine Kaserne der Küstenwache in Zemmouri El Bahri Ziel von Anschlägen geworden.

Zu den Selbstmordanschlägen bekannten sich in einem Video an den TV-Sender al-Dschasira die Salafisten, die seit 2006 unter dem Namen "al-Qaida im islamischen Maghreb" operieren. Anders als die bewaffneten Islamisten in den 90er-Jahren setzen sie Selbstmordattentäter ein. Die Bomben seien Rache für von der Armee getötete Gesinnungsgenossen, heißt es im Bekennervideo. Algeriens Sicherheitskräfte würden selektive Tötungen "im israelischen Stil" vornehmen. Al-Qaida bekennt sich auch zu anderen Aktionen gegen Armee und Polizei. Dabei wurde unter anderem der Militärkommandant im ostalgerischen Jijel durch eine Bombe getötet.

"Wir werden sie bis zum Letzten bekämpfen", warnte Premierminister Ahmed Ouyahaia bei der Eröffnung der Herbstsitzung des algerischen Senats die bewaffneten Islamisten. "Sie haben zwei Möglichkeiten: aufgeben und von der nationalen Versöhnung profitieren - oder wegen ihrer Verbrechen erschossen werden." Auch Regierungssprecher Abdelaziz Boukerzaza sagte: "Der Staat wird den Kampf gegen den Terrorismus fortsetzen, bis alle Gruppen eliminiert sind."

Bei mehreren Razzien im vergangenen Monat wurden bereits mehr als 60 Terrorverdächtige erschossen. Die meisten Militäraktionen fanden in der Kabylei und in Ostalgerien statt. Laut Presseberichten versucht "al-Qaida im islamischen Maghreb" allerdings auch im Westen des Landes Fuß zu fassen. Dort war einst in den 90er-Jahren die Armee des Islamischen Heils (AIS), der militärische Ableger der 1992 nach ihrem Wahlsieg verbotenen Islamischen Heilsfront (FIS), besonders aktiv. Deren Kämpfer legten im Januar 2000 die Waffen nieder und nahmen die Versöhnungspolitik von Präsident Abdelaziz Bouteflika an. Andere bewaffnete Organisationen folgten. Nur die "Salafistischen Gruppen für Predigt und Kampf" (GSPC) blieben weiterhin im Untergrund und schlossen sich schließlich al-Qaida an.

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