Verzweifelter Rettungversuch: Darfs ein Pfund mehr sein?

Die britische Regierung stellt mehrere hundert Milliarden Pfund für gefährdete Banken zur Verfügung. Die Unsicherheit am Markt aber bleibt.

Die Kurse an der Londoner Börse gingen meist nur abwärts. Bild: dpa

DUBLIN taz Die britische Regierung stellt 500 Milliarden Pfund - 635 Milliarden Euro - zur Verfügung, um die Banken zu stabilisieren. Das kündigte Schatzkanzler Alistair Darling gestern in London an. 50 Milliarden Pfund werden sofort investiert, um die Kapitalreserven der Banken aufzustocken. Dafür erhält der Staat Vorzugsaktien, was einer Teilverstaatlichung gleichkommt. 200 Milliarden werden als kurzfristige Darlehen zur Verfügung gestellt, um die Banken zu ermutigen, sich wieder gegenseitig Geld zu leihen. Darüber hinaus garantiert die Regierung diese Kredite mit 250 Milliarden Pfund.

Von dem Rettungsplan profitieren sieben Banken und eine Bausparkasse, darunter Barclays, Lloyds und die Royal Bank of Scotland. Die Sprecher der Banken begrüßten die Intervention der Regierung. Michael Coogan, Generaldirektor des Hypothekenverbands, sagte: "Das scheinen entschlossene, koordinierte und vernünftige Maßnahmen zu sein, die positivere Bedingungen für den Hypothekenmarkt schaffen könnten." Jeremy Batstone-Carr, Wirtschaftsanalyst bei Charles Stanley, warnte jedoch davor, dass "die Staatsverschuldung steigen wird und am Ende wir, die Steuerzahler, die Rechnung begleichen müssen". Er bezweifelt, dass die 50 Milliarden Pfund ausreichen werden, um die Banken zu retten.

Vince Cable, Finanzexperte der Liberalen, kritisierte, dass die Regierung zu lange gezögert habe. Dadurch habe sie den britischen Finanzmarkt ins Chaos gestürzt. Die Medien hatten nämlich bereits am Sonntag über die Regierungspläne spekuliert, woraufhin viele Investoren am Wochenanfang ihre Aktienpakete verkauften. Sie fürchteten, dass ihre normalen Aktien gegenüber den Vorzugsaktien der Regierung bei der Liquidation einer Bank ins Hintertreffen geraten könnten. So fielen am Dienstag die Aktien der Banken ins Bodenlose. Die HBOS verlor 42 Prozent, und die Royal Bank of Scotland büßte zeitweise 2 Millionen Pfund pro Sekunde ein, am Abend waren ihre Aktien um 39 Prozent gefallen. Gestern erholten sich die Kurse wieder etwas, zumal die britische Zentralbank den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf 4,5 Prozent gesenkt hat.

Premierminister Gordon Brown hofft, dass Londons Stellung als europäisches Finanzzentrum durch die Regierungsmaßnahmen erhalten werden kann. Die Krise hat Großbritanniens stärker getroffen als andere Länder, da die Wirtschaft weit finanzlastiger ist. Eine wichtige Rolle spielten dabei die starken Privatbanken, die in einer solchen Krise jedoch auch als Erste betroffen sind.

Brown sagte, die "kühne und weitreichende Lösung der Krise komme jeder Familie und jedem Unternehmen des Landes zugute". Dies sei nicht die Zeit für konventionelles Denken. "Wir brauchen neue und innovative Eingriffe." Offenbar hat die Regierung im Gegenzug für ihr Rettungspaket verlangt, dass die Gehälter der Bankmanager gestutzt werden.

Die Krisensitzungen gingen gestern weiter. Am Morgen tagte der Nationale Wirtschaftsrat, dem unter anderem Darling, Mervyn King von der Bank of England sowie Lord Turner von der Finanzdienstbehörde angehören, im "Cobra-Zimmer", das sonst nur bei terroristischen Anschlägen benutzt wird. Es sei ja auch eine Art Kriegskabinett, schrieb der Guardian.

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