SPD streitet über Datenschutz: Der Widerspenstige

Jörg Tauss war einer von 20 SPD-Abgeordneten, die gegen das BKA-Gesetz stimmten. Das scheint der Fraktionsführung missfallen zu haben.

Kämpferisch: Jörg Tauss. Bild: dpa

Es muss schon einiges passieren, bis Jörg Tauss das Lachen vergeht. Vor zehn Jahren zog der Mann für die SPD in den Bundestag und ist seither dermaßen gut drauf, dass selbst Mitglieder anderer Fraktionen ihn als "das beste Unterhaltungsprogramm in der Berliner Republik" bezeichnen.

Aber jetzt hat für Tauss der Spaß aufgehört. "Ich bin sehr enttäuscht", sagt der 55-Jährige. Und zwar von seiner eigenen Fraktion. Der Grund: Er hat die Zuständigkeit für alle Datenschutzthemen verloren.

Eigentlich ist er ja medienpolitischer Sprecher. Aber schon 1998 war er damit beauftragt worden, für die Fraktion sämtliche Gesetzentwürfe noch mal bürger- und freiheitsrechtlich abzuklopfen. Jetzt soll das nur noch sein Kollege Michael Bürsch machen. "Der zeigt in dieser Frage aber ein tiefes Desinteresse", sagt Tauss. Und außerdem wird er in der nächsten Legislaturperiode dem Bundestag nicht mehr angehören.

Manche Sozialdemokraten vermuten daher, dass die Entscheidung der Fraktionsführung knallhart politisch begründet ist. "Der Tauss ist dem Struck zu widerspenstig geworden", glaubt einer aus dem Parteivorstand. Vor knapp drei Wochen, da habe sich der Fraktionschef besonders geärgert. Damals stand das BKA-Gesetz im Bundestag zur Abstimmung, und Tauss war einer von nur 20 SPD-Abgeordneten, die gegen das umstrittene Vorhaben stimmten. "Immer mehr Überwachungsgesetze sind nicht akzeptabel", hatte er sein Abstimmungsverhalten begründet.

Um zu verhindern, dass Wolfgang Schäuble (CDU) auch der anstehenden Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes unbehelligt seinen Stempel aufdrücken kann, verlangte Tauss, künftig bei allen Verhandlungen mit dem Innenminister dabei zu sein. Denn das darf bislang nur der offizielle Berichterstatter der Fraktionsarbeitsgruppe "Innen" - Michael Bürsch. Es kam zu einem Gespräch im Büro von Fraktionschef Struck. Struck sagte kurz und knapp, dass ein Berichterstatter ausreiche. "Ich wollte eine Entscheidung. Und die ist gegen mich gefallen", gibt sich Tauss enttäuscht.

Dass ausgerechnet Bürsch jetzt für die SPD-Fraktion den Datenschutz verteidigt - daran mag Tauss nicht so richtig glauben. Neulich hat er sich eine Bundestagsrede seines Kollegen angehört. Darin behauptete Bürsch, Freiheit und Sicherheit hätten für ihn denselben Stellenwert. "Solch eine Haltung ist mit mir nicht kompatibel. Ich finde, für die SPD muss Freiheit immer das höhere Gewicht haben", sagt Tauss. Jetzt werde sich vor allem einer freuen, glaubt er: "Schäuble kann künftig in Sachen Datenschutz unbelästigt von der SPD agieren."

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