Verbandschef Albers fordert Netzausbau: "Windmüller brauchen mehr Kabel"

An den Nordseeküsten fehlen so viele Leitungen, dass bei gutem Wind Windkraftanlagen abgeschaltet werden müssen. Netzbetreiber Eon verschleppt das Problem.

Und der Wind, der weht: Windenergiepark an der dänischen Nordseeküste. Bild: dpa

Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie, Bauer in Schleswig-Holstein.

taz: Nordfrieslands Windmüller bekommen ihren Strom nicht los. Was ist los an der Küste?

Hermann Albers: Wir haben seit Jahren Netzengpässe. Besonders bei gutem Wind müssen deshalb Anlagen abgeschaltet werden. Für uns bedeutet das inzwischen einen Verlust in der Größenordnung von 12 Millionen Euro, die uns in den letzten drei Jahren an Einnahmen entgangen sind. Es gibt Windparks, die in einem einzigen Monat 200.000 bis 300.000 Euro verlieren.

Wo liegt das Problem?

Konkret geht es um die 110-Kilovolt-Leitungen, die als Zubringer zum großen Netz der 380-Kilovolt-Leitungen dienen. Schon seit 1998 haben wir in zahlreichen Gesprächen mit der schleswig-holsteinischen Landesregierung darauf hingewiesen, dass mehrere Verbindungen ausgebaut werden müssen. Doch der Netzbetreiber Eon hat das bisher versäumt. Inzwischen gibt es zwar Bauanträge, aber es ist noch unklar, wann gebaut wird.

Obwohl es eine gesetzliche Verpflichtung gibt?

Die legt aber keinen Zeitrahmen fest, so dass das Verfahren in die Länge gezogen werden kann. Würden statt der Überlandleitungen Erdkabel genommen, ginge es schneller.

Warum?

Die werden zügig genehmigt, da die betroffenen Bürger sie eher akzeptieren. Im Schnitt dauert es nur zwei Jahre, während für eine Überlandleitung in Deutschland acht bis zehn Jahre bis zum Bau vergehen. Zahlreiche Studien haben seit 2004 gezeigt, dass für Erdkabel etwa die gleichen Kosten anfallen wie für Überlandtrassen.

Wieso setzen sie sich dann nicht durch?

Eon hält an ihnen fest und nimmt damit weitere Verzögerung in Kauf. In Schleswig-Holstein haben wir sogar eine der drei Trassen, um die es dort geht, komplett genehmigen lassen und von allen betroffenen Grundstückseigentümern explizite Zustimmungen eingeholt. Wir haben Eon diese Trasse angeboten, doch das Unternehmen hat abgelehnt. Offenbar hat man kein Interesse, den Ausbau zu beschleunigen. Vier Landkreise und auch der schleswig-holsteinische Landtag haben sich inzwischen für Erdkabel ausgesprochen, doch von der Landesregierung hat es bisher keinen entsprechenden Druck auf Eon gegeben. Dort befürwortet man eher Überlandleitungen.

Einige Bundestagsabgeordnete wollen deshalb das Problem gesetzlich regeln …

Wir erfahren politische Unterstützung, örtliche Politiker engagieren sich stark dafür, dass entsprechende Regelung in das zur Zeit diskutierte Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) aufgenommen werden. Erdkabel sind auch im erklärten Interesse der betroffenen Kommunen und Grundeigentümer, von denen viele angekündigt haben, dass sie Eons Überlandleitungen nicht wollen und gegebenenfalls Widerspruch einlegen würden.

Wie machen das andere Länder?

Dänemark zeigt, wie es geht. Das dänische Parlament hat vor vier Wochen einstimmig beschlossen, Leitungen bis zu einer Spannung von 150 Kilovolt nur noch als Erdkabel zu verlegen. In vielen Ländern hat man verstanden, dass ein beschleunigter Netzausbau nötig und am bürgerfreundlichsten mit Erdkabeln zu bewerkstelligen ist.

Gibt es in anderen Regionen Deutschlands ähnliche Probleme wie in Schleswig-Holstein?

Ja, und zwar nicht nur an den Küsten, sondern überall dort, wo viele Windanlagen stehen: In Südmecklenburg, in Brandenburg und in Sachsen-Anhalt. Auch dort gibt es erste Abschaltungen und Verzögerungen beim Netzausbau. Es geht ja um den Transport von konkurrierendem und vor allem vorrangigem Windstrom.

INTERVIEW: JOHANN MARTENS

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.