Kolumne Frauen: Jetzt spricht die Mutter!

Zu Weihnachten habe ich meiner Mutter diese Kolumne geschenkt - ein Friedensangebot zum Fest der Liebe.

Meine Mutter nervt mich. Immer wieder dieses leidige Thema! Sie will einfach nicht verstehen, dass meine Kolumne "Mommy Cool" - wie der Titel schon nahelegt - eine Hommage an sie war. Also habe ich ihr diese Kolumne zu Weihnachten geschenkt - ein Friedensangebot zum Fest der Liebe. Einmalig darf sie an dieser Stelle über ihren missratenen Sohn schreiben. Sind Sie auch schon so gespannt wie ich? Kann losgehen, Mama:

Alles findet irgendwann das erste Mal statt. Die erste Fünf in Mathe, der erste Kuss, das erste graue Haar, das erste Kind. Nichts davon bleibt. Aus einer Fünf wird im Laufe der Zeit eine solide Vier mit Tendenz zur Drei, dem ersten Kuss folgen zigtausend andere weit bessere. Das erste graue Haar verdrängt man in der Regel, weil besonders frau sich nicht gern erinnert, dass es bereits mit 28 Jahren gesichtet wurde, in meinem Fall also noch vor dem ersten Kind.

Anders als andere Erstmals-Phänomene, die durch das Leben angenehm relativiert werden, ist dieses Kind eine hartnäckigere Erscheinung. Es bleibt und ist irgendwann in der Lage zu einer distanziert-liebevollen Freundschaft, auch wenn es in anderen Städten, anderen Freundeskreisen, anderen Subkulturen unterwegs ist. Toll immerhin, dass es diesen Sohn gibt, der nicht nur über seine Mutter in der Zeitung schreibt, sondern sie auch selbst dort zu Wort kommen lässt.

Natürlich gibt es Rückschläge auf dem Weg zur späten Eltern-Kind-Harmonie: Gleiche Interessen sind eben noch lange nicht gleiche Einstellungen, Überzeugungen und Meinungen. Es bleibt also spannend: Ist "Willkommen bei den Schtis" nun einfach nur ein mäßig witziges, mit wenig Aufwand abgedrehtes Selbstbespiegelungsfilmchen der Franzosen, dem wir hier nichts abgewinnen müssen? Oder ist das eine großartige Liebeserklärung an ein auch von uns so sehr geliebtes Land?

Die Diskussionen mit dem Sohn können auch persönlich werden: Ist der "Out-of-Bed-Look", zu dem der eben noch so reizende kleine "Blondino" seine Haare nach jedem Duschen stylt, wirklich so angesagt, dass man dafür einen Teil dessen aufgibt, was früher viele - zugegeben ältere - Damen so entzücken konnte: das weiche, wunderbar glatte, leuchtend hellblonde Haar des niedlichen altklug-drolligen kleinen Jungen? Oder ist das einfach nur eine spätpubertäre Attitüde, die nichts anderes kommunizieren will als: Seht her, hier kommt ein Mensch, der was im Kopf hat und nicht darauf angewiesen ist, sich mit äußerer Schönheit aufzuwerten. So lässig kann keine Mutter sein, dass sie hier nicht eindeutig der Schönheit den Vorrang geben würde.

Aber wer redet von solchen banalen Konflikten, wenn es echte gibt, verpackt in Ratschläge, bei denen man zweimal hinhören muss, um sicherzustellen, dass man dem Sohn lauscht und nicht der verblichenen Schwiegermutter. Gut, die Formulierungen sind andere, aber seit wann warnen junge, lustige, lebensfrohe Männer ihre Mütter vor riskanten Beziehungen? Seit wann ist es üblich geworden, dass der Junior eine bedenkliche Miene aufsetzt, wenn die Mutter seiner Meinung nach zu viel arbeitet?

Tatsache ist: Das "Kind" macht sich Sorgen wegen des Alters der Mutter, die genau auf dem Ohr tatsächlich erste Alterserscheinungen zeigt und gerade hier leider "Bahnhof" versteht. Wenn also der große Sohn seine Hand reicht, damit die Mutter leichter von einer niedrigen Mauer springen kann, dann ist für mich und den Durchschnitt aller Frauen mit Kindern über zwanzig Gefahr im Verzug. Altes Eisen, wer will das schon sein, solange noch der eine oder andere Bauarbeiter pfeift und die Friseurin immer wieder betont, dass "wir" nicht färben müssen. Nur ein paar Strähnchen halt. Auch in der Tram steht keiner auf, obwohl man selbst vor zig Jahren attraktive Vierzigjährige mit der Arroganz der Jugend grausam zum Platznehmen gezwungen hat.

Zum Glück tickt die Welt heute anders. Denn - keine Frage - das Leben ist schön, mit Sohn noch mehr als ohne und das ist doch, was zählt. Kleine Krisen, große Meinungsverschiedenheiten und echt ätzende Dialoge - immer gerne.

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