Kampf gegen den Klimawandel: Stern verlangt Konsequenzen

Drei Jahre nach seinem viel beachteten Report zur Ökonomie des Klimawandels verlangt Nicholas Stern von den Industriestaaten mehr Entschlossenheit.

Hofft noch auf Vernunft: Klimaökonom Nicholas Stern. Bild: ap

BERLIN taz | Mit seinen Berechnungen zu den Kosten des Klimawandels hat Nicholas Stern vor knapp drei Jahren Geschichte geschrieben. Für Premierminister Tony Blair war der 700-seitige Stern-Report "das wichtigste Dokument, das je auf meinem Schreibtisch gelegen hat". Zusammen mit den alarmierenden Berechnungen des Weltklimarats sorgte der ehemalige Chefökonom der Weltbank dafür, dass der Kampf gegen den Klimawandel die internationale politische Agenda des Jahres 2007 bestimmte.

Genau einhundert Tage vor dem Weltklimagipfel in Kopenhagen hat sich Stern nun wieder zu Wort gemeldet. In Berlin warnte er am Freitag eindringlich vor einem Scheitern dieser Konferenz, die für ihn "das wichtigste internationale Treffen seit dem Zweiten Weltkrieg" ist. "Es geht um ungeheuer viel", sagte Stern. "Wir drohen unseren Planeten zu verspielen." Ohne ein internationales Abkommen, das den Ausstoß des Klimagases CO2 global begrenze, drohe bis zum Ende des Jahrhunderts ein Anstieg der Temperatur um mehr als fünf Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit. "Einen solchen Anstieg haben Menschen noch nie erlebt", so Stern.

Diese Erkenntnisse sind nicht neu, das weiß auch der zum Klima-Papst gewandelte Ökonom. Doch Konsequenzen hatten die Erkenntnisse bisher nicht. Um das zu ändern, hat Stern nun einen detaillierten Plan ausgearbeitet, was geschehen muss. In diesen Tagen erscheint das Werk unter dem Titel "Der Global Deal". Nur wenn die Industriestaaten ihre Emissionen bis 2050 gegenüber 1990 um mindestens 80 Prozent reduzierten, könne der Temperaturanstieg auf gerade noch tolerable zwei Grad beschränkt werden, sagte Stern in Übereinstimmung mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Dieses Ziel sei mit einem globalen Emissionshandel, verstärkter Effizienz und einem Stopp der Entwaldung erreichbar. "Wir wissen, was zu tun ist", sagte Stern. "Was fehlt, ist allein der politische Wille."

Die Verantwortung für die stockenden Verhandlungen sieht Stern bei den Industriestaaten. "Die reichen Länder müssen ihre Verantwortung für frühere Emissionen übernehmen und bei der Schaffung des Global Deal zunächst die Führung übernehmen." Zwingend notwendig sei finanzielle und technologische Hilfe für Entwicklungsländer, sagte Stern. "Dass sie die bekommen, davon sind sie derzeit noch nicht überzeugt."

Über die deutsche Rolle äußerte sich Stern positiv - allerdings vor allem in der Vergangenheitsform: Im Jahr 2007 habe Angela Merkel in EU und G 8 eine Führungsrolle übernommen. Zur aktuellen Politik erklärte er lediglich, "dass Deutschland weiterhin eine führende Rolle einnimmt", sei "unverzichtbar für das Erreichen eines globalen Deals".

Der Leiter des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, Joachim Schellnhuber, begrüßte, dass Stern nach der Ökonomie nun auch die Politik des Klimawandels voranbringe. Die Politik bekenne sich zum Zwei-Grad-Ziel, handele aber nicht entsprechend. "Nur eine inspirierte politische Strategie kann uns noch retten."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.