Fahrradbeauftragter hört auf: Der Regierende Radler steigt ab
Nach sechs Jahren hört Benno Koch als Fahrradbeauftragter des Senats auf. Sein Nachfolger soll nach Weihnachten bekannt gegeben werden. Für ihn wünscht sich Koch mehr Kompetenzen und Geld.
Am liebsten wäre Benno Koch, wenn sein Posten überflüssig würde: Wenn Radfahrer so in den Verkehrsalltag integriert sind, dass sie keinen Lobbyisten mehr brauchen, genauso wenig, wie Autofahrer einen eigenen Beauftragten bei der Senatsverwaltung benötigen. Noch aber ist es nicht soweit: Benno Koch hört zwar als Fahrradbeauftragter des Senats auf, aber es wird einen Nachfolger geben. Er soll nach Weihnachten bekannt gegeben werden.
"Ohne Benno Koch hätte der Radverkehr in Berlin heute nicht den Stellenwert, den er mittlerweile in der Politik und den Medien erworben hat", würdigte Staatssekretärin Maria Krautzberger den einstigen ADFC-Landeschef. Koch trat sein Amt 2003 an; auf seinen Einsatz geht die Bundesratsinitiative für einen Toten-Winkel-Spiegel bei Lastwagen zurück; er machte sich dafür stark, Radwege auf der Fahrbahn und nicht auf dem Gehweg anzulegen. Statistiken zufolge verunglücken mehr Radler, wenn sie auf Spuren auf dem Bürgersteig fahren müssen. Die Fahrradmitnahme im öffentlichen Nahverkehr war ein weiteres Schwerpunktthema des 43-Jährigen.
Koch arbeitete auf Honorarbasis; letztlich waren es wohl Unstimmigkeiten über die Höhe der Vergütung, die zum Ende der Zusammenarbeit zwischen dem Senat und ihm führten. Immer wieder gab es auch Reibereien, wenn Koch als Fahrrad-Lobbyist den Senat kritisierte. Über seine bisherige Chefin, Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) äußerte sich Koch indes wohlwollend. Die Senatorin sei die fahrradfreundlichste, die das Land bisher gehabt habe. "Ich würde mir aber wünschen, dass sie noch einmal überlegt, wie sie mit dem Ausbau der A 100 umgeht", sagte er am Montag der taz. Die Glaubwürdigkeit der Senatorin leide erheblich unter dem Straßenbau-Projekt. In diesem Zusammenhang plädierte Koch für einen Bundesrats-Vorstoß: Es könne nicht sein, dass die 420 Millionen Euro Bundesmittel zum Bau der A 100 nur dafür verwendet werden könnten - anstatt etwa die Infrastruktur für Radler zu verbessern.
Der 43-Jährige will sich nun stärker seiner journalistischen Arbeit widmen, Unternehmen beraten und im Tourismus aktiv werden. Für seine Nachfolge wünscht sich Koch ein Hauptamt - damit der Fahrradbeauftragte zeichnungsberechtigt sei und seine Stimme bei Bauvorhaben schwerer wiege.
Leser*innenkommentare
mocaer
Gast
Schade! Eben haben wir Floppenhagen erlebt und die ganze Ohnmacht bzw. Unfähigkeit der Politik, das wichtigste Themenfeld überhaupt qualitativ hochwertig und glaubwürdig zu besetzen. Man hat gemerkt in den letzten Jahren, dass es besser wird mit dem Radfahren in Berlin. Wirklich gut ist's in Berlin allerdings nicht, auch wenn man sich unverdientermaßen in Sidney internationale Preise für Fahrradfreundlichste Stadt der Welt überreichen lässt - dafür ist K.Wowereit immer bereit. Man versuche am Bahnhof Zoo ein Rad abzustellen oder schicke den gesamten Senat einmal in eine der "Todeszonen" Berlins: z.B. die Kantstraße zwischen 16:00 und 18:00 Uhr. Da sollen sie mal 1-2 Stunden hoch und runter fahren und das ganze Ausmaß verwahrloster Sitten bei den Autofahrern am eigenen Leibe testen.
Wieder einer von den Richtigen und Wichtigen weggestrichen un zum gibts im ganzen Senat kaum Kompetenz zum Thema Nachhaltigkeit. Und ich hab die Berliner für klüger als die Bayern gehalten.