Präsidentschaftswahl in Sri Lanka: Tamilen als Zünglein an der Waage

Zur Präsidentschaftswahl Ende Januar tritt Armeechef Fonseka gegen den amtierenden Präsidenten an. Da die Singhalesen gespalten sind, gewinnen Tamilenstimmen an Bedeutung.

Präsident Mahinda Rajapaksa wirbt in einem Hindutempel in Jaffna um Tamilenstimmen. Bild: ap

BERLIN taz | Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapaksa hat am Sonntag erstmals die Tamilenhochburg Jaffna im Norden der Insel besucht. Dort gab sich der buddhistische Politiker halbnackt einer hinduistischen Zeremonie hin. Denn die Wähler dort sind hinduistische Tamilen. Ihnen versprach der Singhalese Rajapaksa mehr Geld für den Wiederaufbau der kriegszerstörten Halbinsel. Auch sollten die 110.000 noch in Lagern eingesperrten Tamilen, nach bisheriger Meinung Rajapaksas Unterstützer und Sympathisanten der im letzten Mai vernichtend geschlagenen Rebellen der separatistischen Tamil Tigers (LTTE), bald freigelassen werden.

Bis November hatte es Rajapaksa mit der Freilassung der bis dahin 300.000 internierten Tamilen nicht eilig gehabt. Sie waren unter katastrophalen Bedingungen in Lagern eingesperrt, zu denen internationale Beobachter keinerlei Zugang hatten. Doch andauernde Kritik des Auslands und die Dynamik des auf den 26. Januar vorgezogenen Wahltermins machte die Freilassung tamilischer Gefangener für Rajapaksa opportun.

Der Präsident hatte sich nach der Niederlage der LTTE und der Tötung ihrer gesamten Führung im Mai als großer Sieger feiern lassen. Er spekulierte, bei vorgezogenen Wahlen gegen die verblasste Opposition grandios zu gewinnen. Eigentlich war er noch für weitere zwei Jahre gewählt. Doch die Aussicht, die Opposition in die Bedeutungslosigkeit zu schicken und den Inselstaat mit seinen beiden im Kabinett vertretenen Brüdern nach seinen Vorstellungen umformen zu können, waren zu attraktiv.

Doch Rajapaksa hat sich verkalkuliert. Denn er überwarf sich mit dem Armeechef General Sarath Fonseka. Der rächt sich nun für seine Entmachtung, indem er jetzt gegen Rajapaksa antritt. Und obwohl er ähnlich viel zum Sieg über die LTTE beigetragen hat wie auch zu den damit verbundenen Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, wird er jetzt von der Opposition unterstützt.

Er einte nicht nur die rivalisierende Parteien von Konservativen bis Sozialisten hinter sich, sondern gewann neben einer wichtigen muslimischen Partei überraschenderweise auch die Unterstützung der Tamil National Alliance (TNA), einer LTTE-nahen Partei. Die TNA hatte 2005 mit ihrem Aufruf zum Wahlboykott noch zu Rajapaksas Wahlsieg beigetragen, der sich damals schon für ein Ende des Waffenstillstands und eine militärische Lösung ausgesprochen hatte. Der Boykott ermöglichte dem Hardliner einen knappen Sieg.

Während die Singhalesen jetzt zwischen beiden Kandidaten gespalten sind, könnten Tamilen die Königsmacher sein. Fonseka ist für sie das kleinere Übel. Er versprach eine schnelle Freilassung noch internierter Tamilen. Fonseka, der sich früher selbst als singhalesischer Chauvinist präsentierte, besuchte schon eine Woche vor Rajapaksa Jaffna und machte den Tamilen Versprechungen. Zuvor hatte er der Regierung vorgeworfen, im Mai die Tötung kapitulierender LTTE-Führer befohlen zu haben.

Am Dienstag ging Rajapaksa mit seiner Hofierung der Tamilen noch weiter und versprach die Wiedereinführung einer zweiten Parlamentskammer, in der Tamilen eine Sonderstellung haben sollten. Die 2,5 Millionen Tamilen machen 12,5 Prozent der Bevölkerung aus. Am Montag stellte die International Crisis Group in einem Bericht fest, seit Kriegsende habe Sri Lanka "nur wenig Fortschritte im Wiederaufbau seiner ramponierten demokratischen Institutionen oder in der Herstellung von Bedingungen für einen stabilen Frieden gemacht". Keiner der Kandidaten habe glaubwürdige Reformvorschläge vorgelegt, welche die Marginalisierung der Tamilen und anderer Minoritäten beenden könnten. Der Krieg forderte bis zu 100.000 Tote.

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