Der Boykott der Schokoladenrebellen: Ziegenmilchschoki mit Balsamico

Überzuckerte Industrieschokolade ist eklig - finden die wahren Schokoboys und Schokogirls. Und boykottieren den Fettzuckersahnebatzen in Osterhasenform.

Ih! Industrieschokolade! Bild: dpa

Ob lila Schmunzelhase oder Goldhase, kein echter Schokoboy und kein echtes Schokogirl wird zu Ostern einen dieser überconchierten Fettzuckersahnebatzen auch nur anfassen. Warum? Weil echte Schokoboys und -girls Anhänger einer fundamentalistischen Rebellionsbewegung sind, die seit einigen Jahren der Schokoladenindustrie und der linksdogmatischen Genussfeindlichkeit den Kampf angesagt haben.

Einer der Anführer dieser Bewegung ist Holger in't Veld, der sein hedonistisches Manifest des Widerstands in dem gerade erschienenen Buch "Schokoladenrebellen. Der Sound der neuen Kakao-Kultur" (Eichborn, Frankfurt a. M. 2010, 18,95 €) verfasst hat. Hier kann man die zehn "Kakaoboy-Gebote" erlernen, erfahren, was die Techno- mit der Schokobewegung zu tun hat und dass der Song der Rebellion gegen den Zartschmelzpopanz von Eartha Kitt stammt: "I Want to Be Evil", vor allem wegen der darin vorkommenden Zeile "I want to wake up in the morning with that dark brown taste".

Der ehemalige Popkritiker und Plattenrezensent in't Veld ist seit einigen Jahren erfolgreicher Schokoladenverkäufer der Marke mit dem Schiffslogo: "in't Veld". Mit den Sorten "Ziegenmilch", "Container" oder "Balsamico" hat er für einige Aufregung gesorgt. Dabei geht es in't Veld nicht nur um wilde Mischungen, die inzwischen auch Ritter Sport draufhat, es geht ihm um die artgerechte Haltung, Lagerung und Verarbeitung der Kakaobohne, die notwendig seien, damit sich die vielfältigen Qualitäten der Bohne entfalten können. Und es geht in't Veld um eine "Bewusstseinserweiterung". Die passende Schokolade zum passenden Perlwein und zum passenden kandierten Gemüse zu finden sei ein Erweckungserlebnis, das neue Dimensionen von Lebensgefühl eröffne. Dass dieses Gefühl auch einem Berlusconi oder einem Sarkozy nicht fremd ist: ein Nebenwiderspruch, den es auszuhalten gelte.

Eine Fehlkalkulation hat in't Velds Siegeszug nun zunächst gestoppt. Der Flagshipstore in Berlin-Prenzlauer Berg ist seit Mittwoch geschlossen. Das Unternehmen ist in Insolvenz gegangen. Der Grund: Die Bewegung hat noch zu wenige Anhänger, die für die beste aller möglichen Versuchungen, die königliche Kakaobohne Criollo, und deren bestmögliche Verarbeitung ihr Einkommen opfern. Und: Immer noch gibt es kein Grundrecht auf Hedonismus. Doch für Sympathisanten besteht Hoffnung: Schon im Herbst will in't Veld mit einer eigenen Schokoladenproduktion den Markt mit seinen subversiven Kreationen aufmischen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.