Streit um Kirchensteuer: "Das ist Isolationshaft"

Die Basisbewegung „Wir sind Kirche“ fordert eine Neuordnung der Kirchenfinanzen. Eine Initiative ruft zum Kirchenaustritt auf – und will mit dem Geld eine bessere Kirche schaffen.

Kirchliche Sonderstellung in Deutschland: Die Beiträge werden vom Staat eingezogen. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Raus aus der Kirche, rein in die Verantwortung, - das ist das Motto einiger Initiativen, die in München die Kirchen und ihren Umgang mit Geld kritisieren. „Wir brauchen ein neues Finanzmodell, in dem die Kirchensteuern von unten nach oben verteilt werden und nicht von oben nach unten“, sagte Christian Weisner von der Initiative „Wir sind Kirche“ der taz.

In der Schweiz bestimmten die Kirchenmitglieder selbst über die Verteilung der Kirchengelder. „Da bekommen die Bischöfe natürlich auch etwas ab. Bei uns in Deutschland aber bekommen die Bischöfe alles. Das muss sich ändern.“

Unterstützung erhält Weisner von der Vorsitzenden des Vereins zur Umwidmung von Kirchensteuern, Magdalene Bußmann. „Es ist ein völlig obrigkeitshöriges Verfahren bei der Geldvergabe innerhalb der deutschen Kirchen“, sagt sie in München. „Die Kirchen wären gut beraten, sich über neue Formen der Finanzierung Gedanken zu machen.“ Je eher die Kirchen sich auf einen offenen Dialog über ihre Finanzierung einließen, desto eher könnten sie auch Lösungen für deren langfristige Finanzierung finden.

Bußmann kritisiert auf einer Veranstaltung der „Kirche von unten“ am Rande des 2. Ökumenischen Kirchentags insbesondere die Art der Einnahmen. Sie forderte die radikale Trennung von Kirche und Staat: „Es ist eine unheilige Allianz zwischen Kirche und Staat, zwischen Glaube und Organisationsform.“

In Deutschland genießt die Kirche eine Sonderstellung. Die Beiträge für die Kirche, die Kirchensteuern, werden vom Staat eingezogen. Die Kirche gilt als Körperschaft öffentlichen Rechts. Wer aus der Kirche austreten will, muss dies bei einer staatlichen Verwaltung kundtun.

Bußmann kritisiert, dass diese Vermischung aus Kirche als öffentliche Körperschaft und Kirche als Stätte des Glaubens zu falschen Konsequenzen führe. „Man kann in Deutschland nur ganz oder gar nicht aus der Kirche austreten. Wer aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts austritt, etwa weil er keine Kirchensteuer zahlen will, wird in Deutschland auch aus der Glaubensgemeinschaft verbannt und der Glaube abgesprochen. Das ist Isolationshaft.“

Pünktlich zum Ökumenischen Kirchentag wirbt im Internet auch eine neue Initiative für den Austritt aus der Kirche und eine Selbstverwaltung der Kirchensteuern. "Ökumene 2017" kritisiert die „rückwärtsgewandte römische Kurienkirche“ für ihre mangelnde Bereitschaft, sich zu erneuern.

„Die Versuche einer wirklichen Kirchenreform seitens der vielen Reformgruppen von Priestern und Laien sind in der Vergangenheit im Wesentlichen gescheitert, weil eine Gruppe von konservativen Männern mit einem lautlos funktionierender Machtapparat, der sich von der pastoralen Wirklichkeit vieler Gemeinden völlig losgelöst hat, alle Reformen systematisch unterbunden und verhindert hat“, heißt es auf der Homepage der Initiative „Ökumene 2017“. Jetzt gebe es eine christliche Pflicht zum Ungehorsam gegenüber der Amtskirche. Die Initiative ruft dazu auf, aus der Kirche auszutreten und mit den eingesparten Kirchensteuern etwa Priester zu finanzieren, die schon heute zum gemeinsamen Abendmahl einladen und dafür von der Kirche sanktioniert werden.

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