Internetsperren gegen Pornographie: Zensursula auf Südafrikanisch

Innerhalb von vier Jahren hat sich die Zahl der Internetanschlüsse in Südafrika mehr als verdoppelt. Das Innenministerium will nun ein Gesetz für Internetsperren.

Ein Netzanschluss ist immer noch die Ausnahme: Medienzentrum im Stadion von Bloemfontain. Bild: dpa

Nachdem zuletzt über Internetsperren für Australien und für die EU gestritten wurde, hat nun auch Südafrika ähnliche Pläne vorgestellt: Kurz vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft erklärte der stellvertretende Innenminister Malusi Gigaba, nach dem Vorbild Chinas oder des Jemens wolle er künftig Pornografie in jeder Form aus Internet und Mobiltelefonen verbannen. Per Gesetz sollen die Diensteanbieter dazu verpflichtet werden; an einem entsprechenden Entwurf werde bereits gearbeitet.

In der Praxis wird dies die Einführung ebensolcher Filtermechanismen bedeuten, wie sie die als "Zensursula" beschimpfte frühere Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) für Deutschland gefordert hatte. Auch der Jemen setzt Systeme ein, die Webseiten blockieren. Das ausgeklügelte System der Chinesen gilt vielen Experten als Prototyp einer staatlichen Zensur des Internets. In beiden Ländern werden nach Untersuchungen der interuniversitären Non-Profit-Organisation Open Net Initiative(*) jedoch nachweislich nicht nur pornografische, sondern ebenso viele politische Inhalte und Nachrichtenseiten gesperrt.

Gigaba begründet sein Vorhaben damit, die Bevölkerung Südafrikas schützen zu wollen. Pornografie ist am Kap zwar anders als in einer Reihe anderer afrikanischer Staaten nicht allgemein verboten, darf jedoch nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. In einer Pressemitteilung verteidigte der stellvertretende Innenminister sein Vorhaben mit einer etwas holprigen Analogie: "Autos sind bereits mit Bremsen und Sicherheitsgurten ausgestattet, dies ist kein Extra, für das der Kunde einen Aufpreis zahlen muss. Es gibt keinen Grund, das Internet anzubieten, ohne die notwendigen Beschränkungen einzubauen."

Noch vor einigen Jahren hätten südafrikanische Poltiker das Internet kaum mit Automobilen gleichgesetzt: Einem Bericht des IT-Magazins MyADSL zufolge gab es 2006 landesweit gerade einmal 300.000 Breitbandanschlüsse, davon 160.000 DSL-Anschlüsse. Damit lag die Verbreitung schneller Internetzugänge am Kap bei nur 0,5 Prozent - spürbar unter dem Durchschnitt der OECD-Länder von 13,6 Prozent. Laut dem Internetportal mybroadband.co.za waren diese Anschlüsse 2006 obendrein die teuersten der Welt, erschwinglich nur für Firmen und Spitzenverdiener.

Die Regierungspläne zur Beschränkung von Internetangeboten kommen dennoch nicht überraschend. Denn die Zahl der DSL-Anschlüsse hat sich bis zur WM 2010 mehr als verdoppelt, die Zahl der Breitbandanschlüsse insgesamt stieg sogar auf insgesamt mehr als zwei Millionen. Die Verbreitung lieg nun bei vier Prozent (OECD-Durchschnitt 2010: 23,3 Prozent).

Ermöglicht wurde dies unter anderem durch ein neues, 17.000 Kilometer langes Glasfaser-Seekabel entlang der ostafrikanischen Küste, das Mitte 2009 fertig gestellt wurde. Eine weitere Verbreitung privater Internetanschlüsse ist absehbar: Schon ab 2012 könnten Nutzer in Südafrika und 22 anderen afrikanischen Staaten von einem weiterem Glasfaserkabel entlang der Westküste Afrikas profitieren, dessen Bau France Telecom im Juni ankündigte.

Das World Wide Web der Zukunft soll nach dem Willen des Innenministeriums jedoch eines ohne Pornografie sein, jedenfalls in Südafrika. Der Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Inhalten wird am Kap nicht das erste Mal als Argument für eine Einschränkung von Medienangeboten angeführt: Schon 2006 wollte die Regierung per Gesetz obszöne, unmoralische oder anstößige Inhalte landesweit verbieten - was eine Art Vorzensur selbst von Fernsehnachrichten ermöglicht hätte.

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