Kommentar Krankenhauspolitik: Netter Versuch

Zweibettzimmer als Standard in Krankenhäusern ist ein richtiger Vorstoß - aber unrealistisch. Rösler versäumt es, die Kliniken zu mehr Wettbewerb zu zwingen.

Wer je neben drei anderen frisch Operierten eine Nacht im Krankenzimmer verbringen musste, der weiß: Gesund werden geht anders. Insofern ist die Forderung nach Zweibettzimmern als Standard richtig. Und sie ist unrealistisch. Das weiß der Bundesgesundheitsminister und macht sie sich trotzdem zu eigen. Es ist ja die nachrichtenarme Zeit und die eigene Partei sackt in den Umfragen auf 3 Prozent.

Außerdem fehlt dem Bundesminister schlicht die Kompetenz, auf Zimmerausstattung und Bettenzahlen Einfluss zu nehmen. Krankenhausplanung ist Ländersache. Und von diesem Detail abgesehen: Die bisherige Gesundheitspolitik Röslers hat die Zwei-Klassen-Medizin auf Kosten der gesetzlich Versicherten rigoros und planvoll verschärft. Wer sollte ihm abnehmen, das Wohl der Patienten wäre sein Anliegen?

Bleibt die Frage, ob die Kliniken den Vorstoß des Ministers aufgreifen wollen, um damit die Länder unter Druck zu setzen. Doch nein, das wollen sie nicht. Denn würden Zweibettzimmer zum Standard der gesetzlichen Krankenversicherung, dann könnte sie diese nicht mehr wie bisher als Extraleistung abrechnen - eine wichtige Einnahmequelle bräche weg.

Zwar steht in deutschen Krankenhäusern jedes vierte bis fünfte Bett leer - doch warum daran etwas ändern, solange die Überkapazitäten von den Versicherten finanziert werden?

Diesen Missstand zu beheben wiederum fiele zum Teil in die Kompetenz des Bundesgesundheitsministers. Doch anstatt hier initiativ zu werden und die Krankenhäuser zu mehr Wettbewerb zu zwingen, bleibt Rösler passiv - wissend, dass es nichts Unpopuläreres gibt, als sich mit Kliniken, deren Chefärzten und regionaler Lobby anzulegen. Im Zweifel bleiben dabei nicht bloß einzelne Krankenhäuser auf der Strecke.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Heike Haarhoff beschäftigt sich mit Gesundheitspolitik und Medizinthemen. Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr in einem Kinderheim bei Paris ab 1989 Studium der Journalistik und Politikwissenschaften an den Universitäten Dortmund und Marseille, Volontariat beim Hellweger Anzeiger in Unna. Praktika bei dpa, AFP, Westfälische Rundschau, Neue Rhein Zeitung, Lyon Figaro, Radio Monte Carlo, Midi Libre. Bei der taz ab 1995 Redakteurin für Stadtentwicklung in Hamburg, 1998 Landeskorrespondentin für Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und von 1999 bis 2010 politische Reporterin. Rechercheaufenthalte in Chile (IJP) und den USA (John McCloy Fellowship), als Stipendiatin der Fazit-Stiftung neun Monate Schülerin der Fondation Journalistes en Europe (Paris). Ausgezeichnet mit dem Journalistenpreis der Bundesarchitektenkammer (2001), dem Frans-Vink-Preis für Journalismus in Europa (2002) und dem Wächterpreis der deutschen Tagespresse (2013). Derzeit Teilnehmerin am Journalistenkolleg "Tauchgänge in die Wissenschaft" der Robert Bosch Stiftung und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.