Urteil wegen Kriegsverbrechen: 24 Jahre Haft für kroatischen "Volksheld"

Das UN-Tribunal in Den Haag erklärt den in seiner Heimat veehrten kroatischen Ex-General Gotovina für schuldig. Er soll für Kriegsverbrechen an Serben verantwortlich sein.

Ante Gotovina in Den Haag. Bild: dpa

SARAJEVO taz | Das UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien hat am Freitag in Den Haag den kroatischen Ex-General Ante Gotovina zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt. Es erklärte in seiner Begründung, der 55-Jährige habe sich beim Vorgehen gegen die serbische Bevölkerung in Kroatien 1995 Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht. Der mitangeklagte Ex-General Mladen Markac muss für 18 Jahre in Haft. Freigesprochen wurde dagegen der Ex-General Ivan Cernak, gegen den die Staatsanwaltschaft 23 Jahre Haft gefordert hatte.

Den dreien wurde von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, 1995 im Zuge der Militäraktion "Oluja" für Racheakte an dortigen serbischen Bevölkerung verantwortlich gewesen zu sein. Konkret geh tes um den Tod von 324 Zivilisten und gefangenen serbischen Soldaten, Plünderungen, Misshandlungen, Verfolgungen und die Vertreibung von 200.000 Serben aus der Region Krajina. Die Staatsanwaltschaft hatte für Gotovina sogar 27 Jahre Haft gefordert.

Das Urteil löste in Kroatien Bestürzung aus. Die Mehrheit der kroatischen Bevölkerung hielt ein derartiges Urteil nicht für möglich. Gotovina, der 1995 den Militärabschnitt Dalmatien befehligte und die mehrheitlich von Serben bewohnte kroatische Region Krajina zurückeroberte, gilt als Kriegsheld. Der "vaterländische" Krieg und vor allem die Aktion "Oluja" im Sommer 1995, bei der in nur drei Tagen die serbischen Truppen vernichtend geschlagen wurden, ist in den Augen der Kroaten ein gerechter Krieg gegen die Aggression Serbiens.

Die Verteidigung hatte auf Ungereimtheiten in der Anklage verwiesen. Gotovina war schon kurz nach der Aktion in Kroatien nach Bosnien und Herzegowina beordert worden. Wie damals internationale Journalisten beobachteten, verhielten sich die kroatischen Kampftruppen gegenüber der serbischen Bevölkerung korrekt. Es waren hingegen nachrückende Polizeitruppen, welchte die 1991 von Serben vertriebene kroatische Zivilisten nicht von Racheakten zurückhielten. Für diese Polizeitruppen war der jetzt freigesprochene General Cernak verantwortlich.

Die Ermittlungen des Tribunals gegen Gotovina endeten 2001 mit einer Anklage. Gotovina tauchte unter. Ermittler glaubten, der frühere Fremdenlegionär und Bankräuber habe sich in Kroatien oder den Kroatengebieten in Bosnien und Herzegowina versteckt. Nach starkem Druck auf die kroatische Regierung, ihn auszuliefern - die EU unterbrach sogar die Verhandlunjgen über eine Assoziierungsabkommen mit dem Land - wurde er im Dezember 2005 auf Teneriffa festgenommen. Der Prozess vor dem UN-Tribunal begann im März 2008. Veteranenverbände haben jetzt Proteste angekündigt. Sie kritisieren die konservative Regierung, die für Gotovinas Auslieferung verantwortlich gemacht wird.

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